Wenn es in der Bibel heisst: «Du sollst dir kein Bildnis noch irgend ein Gleichnis machen», dann erhebt sich doch die Frage, ob das Konzil von Nizäa im Jahre 325 n.Chr. wirklich im Auftrage Gottes gehandelt hat, als es die Lehre von der Trinität entwickelt hat. Wir sind immer geneigt, Gott zum Gegenstand unseres Denkens zu machen. Die Bibel hätte alle Möglichkeiten, eine geschlossene Philosophie vorzulegen, sie tut es aber nicht - in großer Ehrfurcht vor dem lebendigen Gott. Sie lässt uns Wirkungen des lebendigen Gottes erleben. Und sie hält es für ausreichend.
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Meine Stärke und mein Loblied ist der Herr,
und er ward mein Heil.
Psalm 118,14
Paulus schreibt:
Ich bin Diener des Evangeliums geworden
durch die Gabe der Gnade Gottes,
die mir nach seiner mächtigen Kraft gegeben ist.
Epheser 3,7
Johannes 3,1-8.(9-15) :: Römer 11,(32).33-36 :: Psalm 111
Zwei Aspekte beschäftigen mich im Blick auf den Sonntag Trinitatis:
Die Ehre Gottes
Der in der Überschrift aus Jesaja 6, 3 zitierte Text ist der Wochenspruch der Trinitatis-Woche und eine wichtige Botschaft an alle Menschen: Heilig, heilig, heilig ist der HERR Zebaot; alle Lande sind seiner Ehre voll.
Unser Leben wird durch den Lobpreis des lebendigen Gottes reicher. Der Lobpreis des lebendigen Gottes wird von uns zwar in der Bibel gefordert, aber er liegt eigentlich noch viel mehr in meinem eigenen Interesse. Indem ich Gott lobe, wird mein Blick von meinen eigenen Problemen gelöst und ich schaue auf das Große und Ganze. Täglicher Kleinkram, der mich leicht gefangen nimmt, löst sich im Lobpreis Gottes auf und verschwindet im Vergleich zu der Größe Gottes. Dieses zu erleben ist ein großes Geschenk an jeden Glaubenden. Der Heide wird darin nur Flucht aus der Realität erblicken. Auch für den Glaubenden ist es eine Flucht, aber eine Flucht in die Realität. Das tägliche Einerlei stellt eine Verengung meiner Wahrnehmung dar. Es ist wichtig und ich habe mich damit auseinander zu setzen. Aber es ist deswegen nicht allein bestimmend für mein Leben.
Ein kleines Beispiel mag dies verdeutlichen: Da wird in einer Kleinstadt trefflich gestritten, ob man nun ein großes oder zwei kleine Hallenbäder baut. Es gibt für beide Ansätze gute Argumente. Aber ist eine solche Auseinandersetzung so wichtig, dass man sich persönlich angreift? Auf einen Außenstehenden wirken solche Auseinandersetzungen reichlich provinziell, denn man kann leicht drei andere Fragestellungen formulieren, die für das Wohlergehen aller Beteiligten viel weitreichendere Folgen haben: Gesundheit, wirtschaftliches Wohlergehen usw. Würde man sich auf diese wesentlichen Fragen besinnen, wäre die Auseinandersetzung um die vergleichsweise irrelevante Frage der Hallenbäder einigermaßen zweitrangig und die Auseinandersetzung könnte mit der notwendigen inneren Distanz und Gelassenheit geführt werden. Das Beispiel sagt uns im Blick auf den Lobpreis Gottes: Indem ich Gott lobe, mir seine Größe und Bedeutung für mein Leben in Erinnerung rufe, führe ich mir die wesentlichen Dinge vor Augen und ich erkenne die vergleichsweise Nebensächlichkeit des täglichen Kleinkrams. Allerdings, nur dem Glaubenden erschließt sich dieser Weg. Der Ungläubige kann ja in der Hinwendung zu einem Gott, dessen Realität er leugnet, nichts «realistisches» sehen.
Man kann diesen Gedanken noch weiter fassen: Sinn jedes unserer Gottesdienste ist die Hinwendung zu dem lebendigen Gott, zu seiner erneuernden Kraft, der Blick in eine Zukunft, die nicht vom Tod sondern von der Auferstehung und vom Leben bestimmt ist, in der nicht Zufall und Sinnlosigkeit ihr grausames Spiel treiben, sondern in der ein lebendiger Gott Anfang und Ende aller Dinge ist, in der auf 70 Jahre babylonische Gefangenschaft ein neues Leben in Jerusalem folgt, in der auf ein Auschwitz eine Staatwerdung Israels folgt, in der Psalm 26 sich immer wieder erfüllt:
Der HERR ist mein Hirte; mir wird nichts mangeln. Er weidet mich auf grünen Auen und führt mich zu stillen Wassern. Er erquickt meine Seele, er führt mich auf rechter Straße um seines Namens willen. Und ob ich schon wanderte im finstern Todestal, fürchte ich kein Unglück; denn du bist bei mir, dein Stecken und dein Stab, die trösten mich! Du bereitest vor mir einen Tisch angesichts meiner Feinde; du hast mein Haupt mit Öl gesalbt, mein Becher fließt über. Nur Güte und Gnade werden mir folgen mein Leben lang, und ich werde bleiben im Hause des HERRN immerdar.
In diesem Sinne sollte jeder Sonntag ein Sonntag Trinitatis sein.
Aber dann ist da noch ein zweiter Gedanke:
Du sollst dir kein Bildnis noch irgend ein Gleichnis machen, weder dessen, das oben im Himmel, noch dessen, das unten auf Erden, noch dessen, das in den Wassern, unterhalb der Erde ist.
Dieses Gebot Gottes kann man zunächst darauf hin deuten, dass es uns nicht erlaubt ist, irgend eine Skulptur auf zu stellen, die wir dann statt des lebendigen Gottes anbeten. Aber wenn es da heisst; «irgend ein Gleichnis», dann erhebt sich doch die Frage, ob das Konzil von Nizäa im Jahre 325 n.Chr. wirklich im Auftrage Gottes gehandelt hat. Wir sind immer geneigt, Gott zum Gegenstand unseres Denkens zu machen. Die Bibel hätte alle Möglichkeiten, eine geschlossene Philosophie vor zu legen, sie tut es aber nicht - in großer Ehrfurcht vor dem lebendigen Gott. Sie lässt uns Wirkungen des lebendigen Gottes erleben. Und sie hält es für ausreichend. Auch Jesus begnügt sich mit Gleichnissen, die von einer ungeheueren Tiefe sind, wie das Gleichnis vom verlorenen Sohn, vom Schatz im Acker. Jesus selbst offenbart sich als der Sohn des lebendigen Gottes und offenbart uns Gott gleichzeitig als unseren Vater. Aber nie entfaltet er eine geschlossene Lehre. Am Ende der Abschiedsreden Jesu in Johannes 16, 25-33 kommt es zu dem folgenden Dialog mit den Jüngern:
Solches habe ich euch in Gleichnissen gesagt; es kommt aber die Stunde, da ich nicht mehr in Gleichnissen zu euch reden, sondern euch offen vom Vater Kunde geben werde. An jenem Tage werdet ihr in meinem Namen bitten, und ich sage euch nicht, daß ich den Vater für euch bitten wolle; denn der Vater selbst hat euch lieb, weil ihr mich liebet und glaubet, daß ich von Gott ausgegangen bin. Ich bin vom Vater ausgegangen und in die Welt gekommen; wiederum verlasse ich die Welt und gehe zum Vater. Da sagen seine Jünger: Siehe, jetzt redest du offen und brauchst kein Gleichnis! Jetzt wissen wir, daß du alles weißt und nicht nötig hast, daß dich jemand frage; darum glauben wir, daß du von Gott ausgegangen bist! Jesus antwortete ihnen: Jetzt glaubet ihr? Siehe, es kommt die Stunde, und sie ist schon da, wo ihr euch zerstreuen werdet, ein jeglicher in das Seine, und mich allein lasset; aber ich bin nicht allein, denn der Vater ist bei mir. Solches habe ich zu euch geredet, auf daß ihr in mir Frieden habet. In der Welt habt ihr Trübsal; aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden!
Dieser Dialog macht sehr schön deutlich, wie unser Erkennen immer von Erwartungen und teilweisen Erfüllungen geprägt ist. Die Jünger meinten es nun begriffen zu haben und der HERR muss sie darauf hinweisen, dass auch Schwierigkeiten auf sie zukommen werden, dass ihre Erkenntnis noch nicht am Ende ist, sondern dass noch weitere Bewährung auf sie zukommt.
Und dieses ist die Warnung, der sich Nizäa-Gläubige stellen müssen. Es sind die einzelnen Fakten der Bibel, die uns den lebendigen Gott offenbaren. Alle Versuche, dieses in ein philosophisch fassbares Kalkül zu zwängen, sind zum Scheitern verurteilt. So gut und wohl gemeint die Bilder auch sind, die Nizäa uns vor Augen malt, der lebendige Gott, der wiederkommende Christus wird sie überschreiben.
So ist Nizäa in zweifacher Weise eine Warnung. Zum Einen sollten wir das Gleichnis, das Nizäa in der Lehre von der Trinität uns vom Himmel malt, nur wie eine gelungene Predigt verstehen. Wir lernen etwas aus der Predigt, aber das Wort Gottes steht hoch erhaben über dieser Predigt, so wie es hoch erhaben über jeder Predigt steht. Die zweite Warnung besteht aber darin, das Ansinnen von Nizäa, die Einzigartigkeit und Erhabenheit Jesu zu verdeutlichen, ernst zu nehmen. Der Islam ist in einem Umfeld entstanden, in dem man meinte, es reiche hin, in Christus einen besonderen Menschen zu sehen. Er verkündet Christus als einen untergeordneten Propheten. Und wie sehr müssen die Menschen darunter leiden, dass sie den Sohn Gottes nicht erkannt haben, dass sie sich ausgeschlossen haben von der Liebe Gottes, die sich in Jesus Christus offenbart hat. Auch die westliche Theologie ist in der Gefahr der Islamisierung. Diese besteht nicht darin, dass westliche Theologen vielleicht nach Mekka pilgern. Sie besteht vielmehr darin, dass sie den Sohn Gottes in die Ecke der Weisen, der besonderen Männer stellen, dass er zu einer Stimme von vielen wird und die Bedeutung verliert, WEG, WAHRHEIT und LEBEN zu sein.
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