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Bibelarbeit

Was hat uns die Rede vom großen Weltgericht zu sagen.

Wie gehen wir mit diesem sperrigen Gerichtswort um?

 


Zusammenfassung

In der Rede vom großen Weltgericht stellt Jesus den Zwang zur sozialen Tat sehr in den Vordergrund. Nun gibt es viele Wege, diesen Text zu entschärfen, aber er hat uns zunächst einmal viel zu sagen. Aus dem Zusammenhang und der Nähe zur Salbung Jesu in Bethanien wird sehr schön deutlich, wie Jesus selber diese Rede versteht. Sieht man beide Texte im Zusammenhang, so merkt man, welch große Freiheit Jesus uns durch diese Reden eröffnet. Sie sind tatsächlich Schlüssel zum Leben.

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Herr, zu wem sollen wir gehen?
Du hast Worte ewigen Lebens.
Nur Jesus selbst hat das volle Evangelium




Die Salbung Jesu
-
die wahren Prioritäten
die hohe Bedeutung der Liebe





Zunächst die zitierten Bibeltexte:

Jesu Rede vom Weltgericht:

Matthäus 25, 31-46: Wenn aber des Menschen Sohn in seiner Herrlichkeit kommen wird und alle heiligen Engel mit ihm, dann wird er sitzen auf dem Throne seiner Herrlichkeit; und vor ihm werden alle Völker versammelt werden, und er wird sie voneinander scheiden, wie ein Hirt die Schafe von den Böcken scheidet, und er wird die Schafe zu seiner Rechten stellen, die Böcke aber zu seiner Linken.
Dann wird der König denen zu seiner Rechten sagen: Kommet her, ihr Gesegneten meines Vaters, ererbet das Reich, das euch bereitet ist seit Grundlegung der Welt! Denn ich bin hungrig gewesen, und ihr habt mich gespeist; ich bin durstig gewesen, und ihr habt mich getränkt; ich bin ein Fremdling gewesen, und ihr habt mich beherbergt; ich bin nackt gewesen, und ihr habt mich bekleidet; ich bin krank gewesen, und ihr habt mich besucht; ich bin gefangen gewesen, und ihr seid zu mir gekommen.
Dann werden ihm die Gerechten antworten und sagen: Herr, wann haben wir dich hungrig gesehen und haben dich gespeist, oder durstig und haben dich getränkt? Wann haben wir dich als Fremdling gesehen und haben dich beherbergt, oder nackt und haben dich bekleidet? Wann haben wir dich krank gesehen, oder im Gefängnis, und sind zu dir gekommen? Und der König wird ihnen antworten und sagen: Wahrlich, ich sage euch, insofern ihr es getan habt einem dieser meiner geringsten Brüder, habt ihr es mir getan!
Dann wird er auch denen zur Linken sagen: Gehet hinweg von mir, ihr Verfluchten, in das ewige Feuer, das bereitet ist dem Teufel und seinen Engeln! Denn ich bin hungrig gewesen, und ihr habt mich nicht gespeist; ich bin durstig gewesen, und ihr habt mich nicht getränkt; ich bin ein Fremdling gewesen, und ihr habt mich nicht beherbergt; nackt, und ihr habt mich nicht bekleidet; krank und gefangen, und ihr habt mich nicht besucht!
Dann werden auch sie ihm antworten und sagen: Herr, wann haben wir dich hungrig oder durstig oder als Fremdling oder nackt oder krank oder gefangen gesehen und haben dir nicht gedient? Dann wird er ihnen antworten: Wahrlich, ich sage euch, insofern ihr es nicht getan habt einem dieser Geringsten, habt ihr es mir auch nicht getan! Und sie werden in die ewige Pein gehen, die Gerechten aber in das ewige Leben.

Leidensankündigung Jesu und die Verabredung des Klerus zum Justizmord:

Matthäus 26, 1-5: Und es begab sich, als Jesus alle diese Reden beendet hatte, sprach er zu seinen Jüngern: Ihr wißt, daß in zwei Tagen das Passah ist; dann wird des Menschen Sohn überantwortet, damit er gekreuzigt werde.
Da versammelten sich die Hohenpriester und die Schriftgelehrten und die Ältesten des Volkes im Hofe des obersten Priesters, der Kajaphas hieß. Und sie hielten miteinander Rat, wie sie Jesus mit List greifen und töten könnten. Sie sprachen aber: Nicht am Fest, damit kein Aufruhr unter dem Volk entsteht!

Die Salbung Jesu:

Matthäus 26, 5-13: Als nun Jesus zu Bethanien im Hause Simons des Aussätzigen war, trat ein Weib zu ihm mit einer alabasternen Flasche voll kostbarer Salbe und goß sie auf sein Haupt, während er zu Tische saß. Als das seine Jünger sahen, wurden sie entrüstet und sprachen: Wozu diese Verschwendung? Man hätte das teuer verkaufen und den Armen geben können! Da es aber Jesus merkte, sprach er zu ihnen: Warum bekümmert ihr das Weib? Sie hat doch ein gutes Werk an mir getan! Denn die Armen habt ihr allezeit bei euch, mich aber habt ihr nicht allezeit! Damit, daß sie diese Salbe auf meinen Leib goß, hat sie mich zum Begräbnis gerüstet.
Wahrlich, ich sage euch: Wo immer dieses Evangelium gepredigt wird in der ganzen Welt, da wird man auch sagen, was diese getan hat, zu ihrem Gedächtnis!

Kommentar zur Rede vom Weltgericht:

Die Rede vom Weltgericht liest man mit Schaudern und stellt nur die Frage: „HERR, wer kann dann selig werden.“
Wer schon einmal in einem Entwicklungsland war und einem Menschen ein Almosen gegeben hat und dann vielleicht noch einem zweiten und dann von vielen bittenden Menschen umringt war, die alle genau so ehrenwerte Gründe haben, um eine Gabe zu bitten, der weiß, wie unmöglich es ist, all denen gerecht zu werden, mit denen sich Jesus hier identifiziert. Ich bin in einer solchen Situation einmal einfach weggelaufen, als immer mehr und mehr Menschen kamen und kein Ende des Bettelns abzusehen war. War unter denen, vor denen ich geflohen war, keiner, von dem Jesus sagen würde: „Wahrlich, ich sage euch, insofern ihr es getan habt einem dieser meiner geringsten Brüder, habt ihr es mir getan!“ und war vor allen Dingen keiner darunter, von dem Jesus sagen würde: „Wahrlich, ich sage euch, insofern ihr es nicht getan habt einem dieser Geringsten, habt ihr es mir auch nicht getan!“ Jesus spricht ja nicht davon, dass wir es vielleicht hin und wieder einmal tun sollten, vielleicht da, wo viele es sehen. Nein, was wir einem von den Geringsten vorenthalten, das haben wir Jesus vorenthalten.
In Folge dieser glasklaren Aussagen Jesu kann man bei der Auslegung dieses Textes eigentlich nur in eine Abwehrhaltung gehen.

 

Paulus kennt diesen Zwiespalt, wenn er einerseits die Korinther aufruft (1. Kor. 7, 23): Ihr seid teuer erkauft; werdet nicht der Menschen Knechte!. Er warnt die Korinther also davor, sich von Menschen abhängig zu machen. Andererseits sagt er aber von sich selbst (1. Kor. 9, 19): Denn wiewohl ich frei bin von allen, habe ich mich doch allen zum Knecht gemacht, um ihrer desto mehr zu gewinnen. Er dient Menschen mit dem Evangelium, wird zu ihrem Knecht, weil er ihnen das Evangelium nahe bringt. Er schildert sehr eindringlich, was dies bedeutet, ein Arbeiter für das Evangelium zu sein (2. Kor. 11, 24-33: Von den Juden habe ich fünfmal vierzig Streiche weniger einen empfangen; dreimal bin ich mit Ruten geschlagen, einmal gesteinigt worden; dreimal habe ich Schiffbruch erlitten; einen Tag und eine Nacht habe ich in der Tiefe zugebracht. Ich bin oftmals auf Reisen gewesen, in Gefahren auf Flüssen, in Gefahren durch Mörder, in Gefahren vom eigenen Volke, in Gefahren von Heiden, in Gefahren in der Stadt, in Gefahren in der Wüste, in Gefahren auf dem Meere, in Gefahren unter falschen Brüdern; in Arbeit und Mühe, oftmals in Nachtwachen, in Hunger und Durst; oftmals in Fasten, in Kälte und Blöße; zu alledem der tägliche Zulauf zu mir, die Sorge für alle Gemeinden. Wer ist schwach, und ich bin nicht auch schwach? Wer nimmt Anstoß, und ich entbrenne nicht? Wenn ich mich rühmen soll, so will ich mich meiner Schwachheit rühmen. Der Gott und Vater des Herrn Jesus, der gelobt ist in Ewigkeit, weiß, daß ich nicht lüge. In Damaskus bewachte der Landpfleger des Königs Aretas die Stadt der Damaszener, um mich zu verhaften; und ich wurde durch ein Fenster in einem Korb über die Mauer hinabgelassen und entrann seinen Händen.
Nun tut es uns gut, wenn wir einem solchen Text nicht zu schnell entrinnen. Es gibt keinen Text, der mir nicht etwas zu sagen hat, der wirklich nur den anderen gilt. Jeder Text ist zunächst einmal eine Botschaft an mich. Diese Botschaft gilt es zu heben. Erst danach dürfen wir nach den Koordinaten suchen, an denen wir den Text einordnen. Denn bei diesem Einordnen besteht die Gefahr, dass wir dem Text die Spitze nehmen und damit vielleicht wesentliches verlieren.
Wir würden glauben, dass Jesus erst einmal einen Grenzwert festlegen sollte: «Mindestens 50€/Monat für charitative Zwecke aufgebracht». Das sind die Menschen, die einen akzeptablen Lebenswandel führen(?). Jeden Monat? In der Mehrheit der Monate? Dies ist nicht der Weg, den Jesus beschreitet. Für Jesus ist es ganz einfach: Es gibt die Täter und die Nicht-Täter und diese Gruppen kann man schön nach links und nach rechts stellen. Bevor wir uns aus diesem Konflikt mit einem wie auch immer gearteten theologischen Kunstgriff verabschieden, sollten wir einmal nachdenken: Warum kann er das?
Es gibt Menschen, die den Konflikt, den ich mit meiner kleinen Episode aus Asien beschrieben habe, für sich ganz einfach lösen. Ich kann die Not so wie so nicht lindern, also halte ich mich da heraus. Diese Menschen merken gar nicht, dass sie in eine Kultur des Wegschauens oder des Hindurchschauens abgleiten. Sie gewöhnen sich mehr und mehr an, Leid nicht wahr zu nehmen. Und dabei übersehen sie leicht, wie sie auch in den Augenblicken wegschauen, in denen ihre Hilfe gebraucht und möglich wäre. Ihr Herz ist, wie die Bibel sagt, hart geworden (Eph. 4, 17-20): Das sage und bezeuge ich nun im Herrn, daß ihr nicht mehr wandeln sollt, wie die Heiden wandeln in der Eitelkeit ihres Sinnes, deren Verstand verfinstert ist und die entfremdet sind dem Leben Gottes, wegen der Unwissenheit, die in ihnen ist, wegen der Verhärtung ihres Herzens; die, nachdem sie alles Gefühl verloren, sich der Ausschweifung ergeben haben, zur Ausübung jeder [Art von] Unreinigkeit mit unersättlicher Gier. Ihr aber habt Christus nicht also [kennen] gelernt; Hier beschreibt der Apostel Paulus sehr sorgfältig, wie sich Menschen verändern, die verhärtet sind, die das Gespür für den Anderen verloren haben. Diese Veränderung erfolgt im Laufe eines Lebens bei einem Menschen, der immer weggeschaut hat, der sich dieses Wegschauen antrainiert hat. Diese Veränderung mag schon dazu führen, dass es diese „Zwischenwerte“, diese Menschen, die ein bisschen hilfsbereit sind, gar nicht so gibt, wie wir es erwarten. So ist dies auch eine Warnung für mich selbst: Wo stehe ich in diesem Veränderungsprozess? Habe ich noch die Sensibilität für meinen Mitmenschen, kann Jesus noch zu mir reden und mich auf einen Menschen aufmerksam machen, mich zu ihm senden, damit ich ihm helfe. Würde ich ein solches Signal des Geistes Gottes wahrnehmen?
Muss Jesus vielleicht bei diesem großen Weltgericht nur in die Gesichter schauen und die auswählen, die noch lächeln können, die noch Freude und Zuversicht ausstrahlen. Muss er vielleicht nur jene aussondern, deren Gesicht steinhart geworden ist, weil sie in den letzten zehn Jahren nicht einmal mehr gelächelt haben? Sicher ist solch eine pauschale Aussage, am Gesicht festgemacht, eine Überspitzung und tut manchem Menschen unrecht. Leider gibt es aber viele alte Menschen, bei denen dies leider stimmt: Menschen, die die Summe ihrer negativen Erfahrungen verabsolutieren und nicht mehr in der Lage sind, Vertrauen zu schaffen oder einem anderen Menschen Vertrauen entgegen zu bringen. Da ist der Handwerksmeister, der vielleicht einmal mit viel Vertrauen zu seinen Mitarbeitern begonnen hat. Aber keiner war so fleißig wie er selber, keiner hat so genau und sorgfältig gearbeitet wie er. Und einer hat gar Geld unterschlagen. Zwar hat er diesen Menschen sofort entlassen, aber er hat dieses Urvertrauen seiner Jugend verloren. Und irgend wann im Alter verschmilzt dieses differenzierte Bild zu dem einen Bild, dass Gesellen doch nur faul und schlampig sind und man aufpassen muss, dass sie ihren Meister nicht betrügen. Diese Verengung des Blickes ist eine große Gefahr für Menschen, die ihr Leben lang Chefs waren.
Und diese Verengung des Gesichtsfeldes erlebt man nicht nur im Verhältnis Chef / Mitarbeiter, sondern auch im Verhältnis Mann/Frau und Frau/Mann, Eltern/Kinder und Kinder/Eltern, in Freundschaften, im Verhältnis von Nachbarn untereinander. Meist laufen diese Prozesse nach dem oben beschriebenen Beispiel ab. Da sind schmerzliche Erfahrungen, die ein Mensch schwer verarbeiten kann und dann wird aus: „Es gibt Gesellen, die veruntreuen Geld“ ganz heimlich und unbewusst im Hinterkopf: „Alle Gesellen veruntreuen Geld.“. Von dieser Verabsolutierung unserer schlechten Erfahrung kann uns nur der Geist Gottes befreien, der uns immer wieder an unsere guten Erfahrungen erinnert und uns hilft, zu vertrauen.
Es gibt einen eindrucksvollen Text im Brief an die Hebräer, der zwar eine andere Zielrichtung hat als unser Text, der aber ein ähnliches Phänomen beschreibt. Die verfolgte Gemeinde hat Großes geleistet. Und doch wird sie im Laufe der Zeit mürbe, so dass der Hebräerbrief sie ermahnt, ihre Freimütigkeit nicht zu verlieren. Eine solche Ermahnung hätte auch unserem Handwerksmeister gut getan. (Hebr. 10, 32-36) Gedenket aber der früheren Tage, in welchen ihr nach eurer Erleuchtung unter Leiden viel Kampf erduldet habt, da ihr teils selbst Schmähungen und Drangsalen öffentlich preisgegeben waret, teils mit denen Gemeinschaft hattet, welche so behandelt wurden; denn ihr habt den Gefangenen Teilnahme bewiesen und den Raub eurer Güter mit Freuden hingenommen, in der Erkenntnis, daß ihr selbst ein besseres und bleibendes Gut besitzet. So werfet nun eure Freimütigkeit nicht weg, welche eine große Belohnung hat! Denn Ausdauer tut euch not, damit ihr nach Erfüllung des göttlichen Willens die Verheißung erlanget. Lesenswert ist in diesem Zusammenhang auch die Geschichte von Elia, der sich bei Gott beklagt, dass er der letzte der Propheten ist und dann von Gott in großer Liebe gezeigt bekommt, dass da noch 7000 übrig sind, die ihre Knie vor dem Bild des Baal nicht gebeugt haben. (1. Könige 19, 14-18) (Elia) sprach: Ich habe heftig für den HERRN, den Gott der Heerscharen, geeifert; denn die Kinder Israel haben deinen Bund verlassen, deine Altäre zerbrochen und deine Propheten mit dem Schwerte umgebracht, und ich bin allein übriggeblieben, und sie trachten darnach, mir das Leben zu nehmen! Aber der HERR sprach zu ihm: Kehre wieder auf deinen Weg zurück nach der Wüste und wandere gen Damaskus und gehe hinein und salbe Hasael zum König über Syrien. Auch sollst du Jehu, den Sohn Nimsis, zum König über Israel salben und sollst Elisa, den Sohn Saphats, von Abel-Mechola, zum Propheten salben an deiner Statt. Und es soll geschehen, wer dem Schwerte Hasaels entrinnt, den soll Jehu töten; und wer dem Schwerte Jehus entrinnt, den soll Elisa töten. Ich aber will in Israel siebentausend übriglassen, nämlich alle, die ihre Knie nicht gebeugt haben vor Baal und deren Mund ihn nicht geküßt hat. Selbst die Gemeinde der Gläubigen, selbst die verfolgte Gemeinde kennt die Momente, in denen die Freimütigkeit, die Unbekümmertheit, das Urvertrauen in der Gefahr steht, verloren zu gehen. Selbst ein Elia fühlt sich plötzlich alleine und von allen verlassen. Wir stehen also mit diesem Problem nicht alleine, alle Gottesmänner aller Zeiten kennen solche Situationen. Wichtig ist, wie wir aus solch einer Situation herauskommen, ob wir unser Urvertrauen wegwerfen oder neues Vertrauen aufbauen, ob wir es bei der Beobachtung lassen: „Ich bin ganz allein!“ oder ob wir uns von Gott die Augen öffnen lassen und die 7000 wahrnehmen.
Aber unsere Geschichte vom großen Weltgericht ist ja keine psychologische Lehrstunde, sondern eine Frage ewigen Lebens: Und sie werden in die ewige Pein gehen, die Gerechten aber in das ewige Leben. Hier liegt ja die eigentliche Brisanz dieser Geschichte: Ewiges Leben nur nach harter sozialer Arbeit? Nun gibt es viele gute theologische Argumente, eine solche enge Auslegung des Textes abzulehnen. Ist denn alles falsch, was im Römerbrief und im Hebräerbrief über den Glauben und die Männer und Frauen des Glaubens geschrieben steht? Ist es am Ende doch nur die soziale Tat? Hatte Jakobus mit seinem kurzen Wort von der Wertlosigkeit des Glaubens ohne Werke recht? (Jak. 2, 17) So ist es auch mit dem Glauben: Wenn er keine Werke hat, so ist er an und für sich tot. Aber warum gibt es dann nur einen Brief von Jakobus, aber viele Briefe von Paulus?
Die vorangehenden Überlegungen geben uns schon einen Hinweis: Wenn Menschen kein Vertrauen mehr zueinander aufbauen können, so ist dies schon eine sehr schwierige Situation. In einem gewissen Sinne sind sie dann füreinander gestorben. Wenn Menschen sagen, sie glauben an Gott, so treibt sie dieser Glaube auch zu Taten, nämlich zu den Taten, zu denen dieser Gott, dem sie glauben, sie beruft. Geschieht das nicht, so ist ihr Glaube tot, denn sonst würden sie ja glauben, dass Gott zu ihnen geredet hat. Die Werke, die wir tun, erwachsen aus dem Glauben. Weil ich glaube, dass Gott seinen Sohn Jesus Christus für mich in diese Welt gesandt hat, dass er mir Bruder geworden ist aus der großen Liebe Gottes zu den Menschen heraus, darum erwarte ich auch ganz natürlich, dass er zu mir spricht. Und ich setze um, was er mir sagt. Nicht immer und alles setze ich um, manchmal bin ich bockig. Aber dann spricht er in seiner Liebe erneut zu mir und vielleicht höre ich beim zweiten Mal. Aber wenn ich gar nicht höre, dann bin ich für meinen Bruder gestorben. Da unterscheidet sich das Verhalten gegenüber einem leiblichen Bruder und gegenüber Jesus Christus in keiner Weise.
Dann ist es also so mit dem Weltgericht: Da sind die einen, die auf Gott hören, weil sie glauben, dass ein Gott ist. Diese Menschen sind auch nicht besser als die anderen, aber weil sie auf Gott hören, werden sie immer wieder daran erinnert, ihr Leben nicht von ihren Frustrationen bestimmen zu lassen sondern von dem Wort Gottes in Gestalt der Bibel, aber auch in Gestalt des erfahrenen Wortes Gottes, wie es ihnen der Heilige Geist eingibt und wie er es in ihre konkrete Lebenssituation hinein spricht. Auch diese Menschen hören nicht immer, handeln oft falsch oder auch erst sehr spät. Aber sie werden vom Geist Gottes vor dem "gar nicht", vor dem "mit dem bin ich fertig" oder "der soll mir noch einmal kommen" bewahrt. In ihrem Leben behalten Glauben, Hoffnung und Liebe einen Platz. Der Glaube stirbt nicht.
Diese Menschen sind es, die Jesus hier zu seiner rechten versammelt. Nach links versammelt er die geistlich toten Menschen, armselige Menschen, die aufgehört haben zu glauben, die aufgehört haben zu lieben und die aufgehört haben zu hoffen. Dies sind Menschen, die uns schon jetzt leid tun können. In ihrer Verhärtung nehmen sie ihre Situation selbst gar nicht wahr, weil sie das Problem gar nicht bei sich selber suchen, die anderen sind halt schuld...
Nur, woher nehmen wir die Freiheit, Menschen, die, wie wohl die meisten, vielleicht sogar alle Christen, gelegentlich einmal auf ihren Gott hören, auf der rechte Seite zu erwarten. Nun, es gibt zunächst einen indirekten Beweis: Wäre es anders, kämen nur die auf die rechte Seite, die immer und überall dem Reden des Heiligen Geistes folgen, dann käme also, wenn wir ehrlich sind, niemand auf die rechte Seite. Nun lesen wir aber, dass da Menschen auf der rechten Seite sind. Aber es gibt noch einen zweiten, viel überzeugenderen und klareren Beweis, den uns Jesus selbst liefert. Und damit kommen wir zu der Geschichte von der Salbung Jesu:
Leidensankündigung und die Verabredung der Hohenpriester und Schriftgelehrten und Ältesten des Volkes, Jesus zu töten, klammern wir einmal aus. Sie sind ja höchstens dazu geeignet den Druck auf Jesus und die Jünger noch zu erhöhen, sie aggressiver, verbissener und damit liebloser, rechthaberischer zu machen, eine Bunkermentalität aufkommen zu lassen: Wir kämpfen gegen alle und alles. Von all dem ist nichts zu spüren. Jesus macht einen Besuch in Bethanien. Wenn uns die Geschichte nicht so geläufig wäre würden wir sagen: „Mensch, hat der Nerven...“
Auch die dann folgende Geschichte über den Besuch in Bethanien hat viele Aspekte, die in diesem Zusammenhang nicht gewürdigt werden können. Da ist z.B. die Tatsache, dass diese Frau ihre letzte Möglichkeit, Jesus mit dieser Salbung zu ehren, ergreift. Hätte sie gezaudert und es auf den nächsten Besuch Jesu in Bethanien verschoben, es wäre nicht mehr dazu gekommen, es wäre zu spät gewesen. In unserem Zusammenhang ist die Salbung Jesu von Bedeutung, die angebliche Verschwendung, die Frage der Umstehenden. Sie zeigt uns, wie Jesus selbst dieses Weltgericht verstanden wissen will: Als das seine Jünger sahen, wurden sie entrüstet und sprachen: Wozu diese Verschwendung? Man hätte das teuer verkaufen und den Armen geben können! Haben sie nicht gerade die Rede Jesu von der Bedeutung sozialen Handelns gehört? Muss jetzt der Meister nicht eingreifen? Und Jesu antwortet ganz entspannt: Warum bekümmert ihr das Weib? Sie hat doch ein gutes Werk an mir getan! Denn die Armen habt ihr allezeit bei euch, mich aber habt ihr nicht allezeit! Damit, daß sie diese Salbe auf meinen Leib goß, hat sie mich zum Begräbnis gerüstet. Wahrlich, ich sage euch: Wo immer dieses Evangelium gepredigt wird in der ganzen Welt, da wird man auch sagen, was diese getan hat, zu ihrem Gedächtnis! Er lobt das Verhalten der Frau. Er nimmt diesen Zwang zum sozialen Handeln von ihr und gibt ihr die Freiheit, so zu handeln, wie es ihr die Liebe aufs Herz legt. Markus überliefert den Satz (Mar. 14, 7): Denn die Armen habt ihr allezeit bei euch, und wenn ihr wollt, könnt ihr ihnen Gutes tun; mich aber habt ihr nicht allezeit. Mit diesem Einschub «und wenn ihr wollt» zeigt Jesus eine große Gelassenheit. Auf keinen Fall lässt er durchblicken, dass hier ein Zwang besteht, im Gegenteil, er stellt die Fragenden ins Unrecht und bekräftigt, dass diese Frau recht gehandelt hat.
Welche Freiheit spricht aus diesem Satz. Und ist es nicht diese Freiheit, die es ermöglicht, anderen Menschen Liebe entgegen zu bringen? Wenn ein Mensch permanent unter Druck steht, wird er dann lieben können? So gilt auch hier der Satz, den Paulus an die Galater schreibt (Gal. 5, 13): Denn ihr, meine Brüder, seid zur Freiheit berufen; nur machet die Freiheit nicht zu einem Vorwand für das Fleisch, sondern durch die Liebe dienet einander. Alles, was man vielleicht wieder einschränkend sagen möchte, um einen Missbrauch des Gesagten auszuschließen, das findet sich in diesem Satz.
So wird der Text erst aus dem Zusammenhang heraus verständlich. Er enthält eine wuchtige Botschaft und Herausforderung an das Leben des Glaubenden. Und diese Herausforderung besteht nicht nur in der Aufforderung zur sozialen Tat, sie besteht vor allem darin, im Glauben auf das Reden des Heiligen Geistes zu achten und den Lobpreis wie das soziale Handeln zur rechten Zeit zu tun, aus einer Freiheit der Liebe heraus und nicht aus Zwang. Er stellt uns aber auch die Frage, ob mein Verhältnis zu meinen Mitmenschen von der Liebe oder von der Frustration geprägt ist. Und es ist die ganz wesentliche Aussage beider Texte, die Liebe und nicht Frustration oder Zwang zu wählen. Theoretisch ist uns das völlig klar, aber es ist ein täglicher Kampf, auch danach zu handeln.









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