Die häufig genutzte Formulierung: „Die Wissenschaft hat bewiesen, … wird einmal kritisch auf ihren Kern untersucht. Dadurch wird verdeutlicht, dass die Theorien der Wissenschaft heute wie vor Jahrhunderten immer nur das zu der Zeit verfügbare Wissen reflektieren, damit immer bessere Approximationen der wahren Zusammenhänge darstellen, aber nie %AZXdie Wahrheit” darstellen. Allerdings nimmt jede Zeit für sich in Anspruch, mit ihrer wissenschaftlichen Forschung „der Wahrheit” nun schon hinreichend nahe gekommen zu sein.
Schlagwörter: Allgemeingültigkeit - Beobachtung - Glauben - Theorie Bereich AnregungenThema | Vorangehender Beitrag | Folgender Beitrag |
Glauben In allen Bereichen des menschlichen Lebens investieren wir Glauben Glauben in der Wissenschaft, im menschlichen Zusammenleben und selbstverständlich auch in der Religion |
Kapitel 4: Einige grundlegende Fragen, was glaubhaft ist Sollen, dürfen, müssen oder können wir glauben? |
Kapitel 6: Was bedeuten Gottesbeweise für den Glauben Reden über Gott ist einfach nur vermessen |
Die Wissenschaft hat keine allgemeingültigen Aussagen
Bisher haben wir eigentlich nur unseren Verstand betätigt und einmal kritisch darüber nachgedacht, was wir denn mit diesem Verstand so alles können. Wir haben weder eine Bibel noch einen Koran noch sonst irgend etwas herangezogen, sondern wir haben nur einmal kritisch hinterfragt, was unsere wissenschaftlichen Erkenntnisse so Wert sind. Wenn wir das noch einmal zusammenfassen, dann sind zwei Dinge deutlich geworden:
Der Mensch macht endliche Beobachtungen. Er kann also sehr schön und verlässlich Aussagen von der Bauart machen:
Der Mensch kann also Erlebnisberichte geben.
Der Mensch kann keine allgemeingültigen Aussagen und damit auch keine negativen Aussagen treffen:
Wie will ich denn mit konventioneller Wissenschaft eine Aussage wie "Phänomen A tritt nie auf." beweisen? Ich müsste ja überall und zu jeder Zeit, wo und wann Phänomen A auftreten könnte, nachprüfen, ob dem denn so ist. In der Mathematik kann ich solche Beweise führen, weil ich da Axiome zur Verfügung habe, aus denen ich eine solche Aussage möglicherweise ableiten kann. Im realen Leben habe ich diese Axiome aber nicht zur Verfügung. Was könnte es denn sein? Das Newton'sche Axiomensystem? Es ermöglicht zwar den Bau von Fahrzeugen, deren Geschwindigkeit weit unterhalb der Lichtgeschwindigkeit liegt. Es ist aber falsch, wenn ich kosmische Phänomene betrachte. Einstein hat uns diese Erkenntnis hinterlassen. Ob die Relativitätstheorie das Ende der Erkenntnis ist? Keiner weiß es. Heute können wir sagen, dass wir nichts besseres kennen, aber diese Aussage kann morgen schon überholt sein. Hier ist einfach unsere intellektuelle Ehrlichkeit gefragt, ob wir uns einfach mit temporär richtigen Aussagen zufrieden geben, oder ob wir uns eingestehen, dass wir eben nur auf heutigem Erkenntnisstand das Phänomen A einfach noch nicht beobachtet haben. Die Aussage, dass es neben Asien, Europa und Afrika keinen weiteren Kontinent gibt, war zu allen historischen Zeiten falsch. Bis ins 15. Jahrhundert wurde sie aber in Europa für richtig gehalten, selbst Columbus hätte ihr nicht widersprochen, weil er aufgrund dieser Annahme und einiger Rechenfehler bei der Navigation ja meinte, in Indien gelandet zu sein.
Theorien sind immer, wenn sie den Namen verdienen, solche allgemeingültigen Aussagen. Sie werden von Beobachtungen mehr oder weniger gestützt. Es ist aber nicht möglich, die Allgemeingültigkeit nachzuweisen. Denn Theorien stellen ja gerade diesen Grenzübergang dar: Aus der Erfahrung weiß ich: „Immer wenn ich Phänomen A beobachtet habe, dann beobachtete ich auch Phänomen B.” Dann denke ich darüber nach und komme vielleicht zu dem Schluss, dass es ja eigentlich auch plausibel ist, was ich da beobachtet habe. Ich überlege, ob es auch anders sein könnte und ich stelle fest, dass mir dazu nichts Vernünftiges einfällt, und so komme ich zu dem Schluss, dass es wohl immer so sein muss und ich formuliere: „Nach meiner Meinung wird man immer, wenn man das Phänomen A beobachtet hat, auch das Phänomen B beobachten.” Dann kommen andere Wissenschaftler und bestätigen diese Beobachtung. Dissertationen werden darüber geschrieben und plötzlich heißt es: „Die Wissenschaft hat bewiesen: Immer wenn Phänomen A beobachtet wird, dann beobachtet man auch Phänomen B.” Bis irgendwann ein Wissenschaftler auftritt, der das Gegenteil in einem Experiment zeigen kann. Dann wird eine neue Theorie gemacht. Aber über manche Theorien sind Generationen von Wissenschaftlern verstorben, die nicht mitbekommen haben, dass es doch ein Gegenbeispiel gibt.
Manchmal kann ich eine Theorie T1 auch auf bereits existierende Theorien T21, T22, … zurückführen, verlagere aber damit nur das Problem. Ich weiß jetzt, dass die Theorie T1 auf jeden Fall gilt, wenn die Theorien T21, T22, … gelten, mehr nicht. Wenn sich herausstellt, dass Theorie T22 falsch ist, dann stehe ich wieder am Anfang. Ich kann dann zwar sagen, dass meine Aussage sicher dann richtig ist, wenn die bereits akzeptierte Aussage richtig ist. Aber meine Aussage ist damit noch lange nicht allgemeingültig, sondern in ihrem Schicksal nur an eine Aussage gekoppelt, deren Allgemeingültigkeit auch offen ist. Im wissenachaftlichen Bereich geht der Prozess dann so weiter, dass die Aussage dann zunächst im kollegialen Gespräch, dann auf Kongressen diskutiert wird. Dann kann es sein, dass die Menschheit sie in Ihren Erfahrungsschatz aufnimmt und die Schulkinder in Zukunft zu lernen haben: „Die Wissenschaft hat bewiesen, dass immer, wenn man das Phänomen A beobachtet hat, auch das Phänomen B beobachtet wird.” Und in dieser Formulierung gilt eine solche Aussage dann als vertrauenswürdig und gewinnt religiösen Stellenwert. Christen werfen ihre Überzeugungen weg, nur weil ihnen gesagt wird, „die Wissenschaft habe bewiesen ...” Dabei reicht eine einzige Beobachtung, die dieser angeblich bewiesenen Aussage widerspricht, und es werden wieder Kongresse einberufen werden, auf denen dann diskutiert wird, warum diese Aussage falsch war, wo sie vielleicht doch gilt und warum man nicht gleich darauf gekommen ist, dass das gar nicht so sein kann.
In der Mathematik hat man eine Geometrie und eine Algebra nebeneinander, ohne das man eine Wahrheitsfrage stellt. Für manche Überlegungen ist die Geometrie gut, für andere die Algebra. Und die Algebra versetzt uns sogar in die Lage, zu entscheiden, was man mit Zirkel und Lineal alles konstruieren kann. So sind sie Werkzeuge für unser Forschen und Konstruieren, nicht aber Basis für unseren Glauben.
Zieht man ein Fazit, so muss man feststellen, es ist eine zwingende Konsequenz, dass eine Wahrheit, die allgemeingültig ist, dies bedeutet, die zeitlich und räumlich unbeschränkt gilt, nicht aus wissenschaftlicher Forschung kommen kann. Eine solche Aussage ist religiöser Natur und kann nur geglaubt werden. Sie kann weder wissenschaftlich berechnet oder entwickelt werden und, wenn jemand eine solche Wahrheit vorlegt, so kann ihre Allgemeingültigkeit nicht wissenschaftlich bewiesen werden. Die Wissenschaft kann höchstens feststellen, dass etwas so nicht ist: Wenn also jemand behauptet, Steine fallen nicht zur Erde, so zeigt jedes Experiment, dass diese Aussage falsch ist. Behauptet aber jemand, es gebe einen Punkt auf der Erde, wo Steine nicht zur Erde fallen, so kann man diese Aussage zwar für dumm und wenig glaubhaft halten, aber den Gegenbeweis kann man nicht antreten. Die Ablehnung ergibt sich aus dem „Glauben”, dass das doch nicht plausibel ist und genug Experimente vorliegen, die das ausschließen.
Insgesamt sind diese Zusammenhänge eigentlich sehr einfach und jedem selbstverständlich klar, der sich ein wenig mit Logik, mit der Bedeutung von Axiomensystemen in der Mathematik oder mit der Geschichte der Physik oder der Wissenschaften im Allgemeinen beschäftigt hat. Und sie haben enorme Konsequenzen, sowohl für das Verhältnis zur Wissenschaft, als auch für das Verhältnis zur Religion und für das Verhältnis der Religionen untereinander.
Dies soll in den nächsten beiden Abschnitten vertieft werden.
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