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Buchbesprechungen

Gott offenbart sich in der Bibel und nicht in der Philosophie

Eine Erinnerung von Jürgen Moltmann

 


Zusammenfassung

Der Aufruf dieses Buches und sein Verdienst ist es, unser inneres Gottesbild zu hinterfragen und die biblische Gotteserfahrung an seine Stelle zu setzen. Daraus ergeben sich eine Fülle von Konsequenzen, die uns die Fülle des Lebens nahe bringen. Es ist daher ein wichtiges Buch, auch wenn es für den wohlmeinenden Laien schwer zu lesen ist. Trotzdem ist es lohnend, sich durch Teil 1 sprachlich hindurchzukämpfen, der Aha-Effekt im zweiten Teil wird dadurch umso stärker.

Schlagwörter: Bibel - Gott - Offenbarung - Selbstoffenbarung

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Heinrich Christian Rust




Moltmann, Jürgen. Der lebendige Gott und die Fülle des Lebens.
Auch ein Beitrag zur Atheismusdebatte unserer Zeit.

232 Seiten. Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh, 2014.
ISBN 978-3-579-08173-1
19,90€



Das Buch gliedert sich in zwei Teile. Leider erschwert der erste Teil das Lesen für den geneigten Laien ungeheuer, da er inhaltlich eine Starke Herausforderung an den Leser stellt. Aber dies ist vielleicht thematisch bedingt.

Es beginnt mit einem Teil «Der lebendige Gott», der in hochinteressanter Weise die abstrakten Begriffe, mit denen das Wesen Gottes in der Philosophie beschrieben wird, aufgreift. Er spiegelt sie an der Selbstoffenbarung Gottes in der Bibel. Beispiele für solche Themen sind «die Unbeweglichkeit Gottes», «die Leidensunfähigkeit Gottes», seine «Allmacht», «Allgegenwart» und die Annahme, dass Gott alles weiß. Im Lichte der Bibel stellen sich solche Themen doch deutlich subtiler dar als im abstrakten menschlichen Denken. So greift er die Vermutung der Leidensunfähigkeit Gottes am Schluss des Buches im Abschnitt über das Gebet noch einmal mit der ironischen Bemerkung auf, dass es wohl überflüssig wäre, zu beten, wenn Gott nicht des Mitleidens fähig wäre, wenn er unbeeinflussbar wäre. „Ist Gott «die alles bestimmende Wirklichkeit», dann bleibt dem Menschen nur die stumme Ergebenheit in sein Schicksal übrig.“ Er stellt diesem das „Abba, lieber Vater“ Jesu gegenüber und das Verhalten Jesu in Gethsemane.

Damit ist die ungeheuere Spannung gezeigt, die über diesem Buch liegt und die es so lesenswert macht. Leider ist dieser erste Teil so geschrieben, dass er auf Moltmanns wissenschaftliche Kollegen Eindruck macht, aber dem wohlmeinenden Laien nach einem anstrengenden Arbeitstag kaum noch zugänglich ist. Das Ganze kumuliert in einem Beitrag über die Trinität, der möglicherweise wissenschaftlich bedeutend ist, für den praktischen Glauben aber aus meiner Sicht wenig Greifbares bietet. Gerade bei der Frage der Trinität Gottes sollten wir nicht versuchen, unseren Namen am Thron Gottes zu verewigen als "Gottversteher", denn das ist aussichtslos. Stattdessen sollten wir es bei dem biblischen Befund belassen. «Über» Gott nachdenken, ist per se ein Unding, weil der endliche menschliche Verstand die Unbegrenztheit Gottes nicht erfassen kann. Wir können nur den Spuren Gottes folgen. Bereits Mose wurde von Gott nur der Anblick des vorübergezogenen Gottes gewährt, als er Gott bat, sein Angesicht sehen zu dürfen (2.Mose 33,20). Diese Stelle zitiert Moltmann übrigens auch, allerdings im Zusammenhang mit der Frage, ob wir Gott lieben können. Der Abschnitt über die Trinität schmerzt insofern, weil Moltmann in den übrigen Abschnitten des ersten Teils sehr sorgfältig die biblische Offenbarung Gottes herausarbeitet. So ist diese Beobachtung für den Wert des Buches eher eine Randbemerkung.

Der zweite Teil wird dann viel leichter lesbar und sehr praktisch: Die Fülle des Lebens wird in Perspektiven wie «Dieses ewige Leben», «Leben im weiten Raum der Freude Gottes», «In Solidarität gelebte Freiheit», «Das geliebte-liebende Leben», «Du erweckst mir alle Sinne», «Hoffen und Denken», «Das Leben - ein Fest ohne Ende» ausgebreitet. Dabei sind immer wieder Bezüge zum ersten Teil hergestellt, denn diese Vitalität des Glaubens ist nicht möglich, wenn Gott nur dieser Gott der Philosophen ist, den Moltmann immer wieder zitiert.

Das Buch steckt voller Anregungen, manchmal auch, einfach weiterzudenken, da er diese Passagen keineswegs erschöpfend behandelt. So behandelt er sehr ausführlich die Frage, ob man Gott lieben könne, da Liebe eigentlich nur unter Gleichen möglich sei. Er beantwortet dieses mit dem alttestamentlichen «Gott in uns» und dem neutestamentlichen «Christus in uns». Erstaunlich für mich, dass er dabei Johannes 15 nur mit Vers 13: „Größere Liebe hat niemand als die, dass er sein Leben lässt für seine Freunde.“ zitiert und den für das Verständnis des Begriffes Liebe sehr wichtigen Hinweis in Vers 10 auslässt: „Wenn ihr meine Gebote haltet, so bleibet ihr in meiner Liebe, gleichwie ich meines Vaters Gebote gehalten habe und in seiner Liebe geblieben bin.“

Der Aufruf dieses Buches und sein Verdienst ist es, unser inneres Gottesbild zu hinterfragen und die biblische Gotteserfahrung an seine Stelle zu setzen. Daraus ergeben sich eine Fülle von Konsequenzen, die uns die Fülle des Lebens nahe bringen. Es ist daher ein wichtiges Buch, auch wenn es für den wohlmeinenden Laien schwer zu lesen ist. Trotzdem ist es lohnend, sich durch Teil 1 sprachlich hindurch zu kämpfen, der Aha-Effekt im zweiten Teil wird dadurch umso stärker.







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