Eine Predigt zum Sonntag Rogate   Nach der Drangsal Jesus bereitet seine Gemeinde auf das Ende der Zeiten vor   Zusammenfassung Die Endzeitrede Jesu über die Ankunft des Menschensohnes nach jener Drangsal. Die Aussagen Jesu über die Drangsal können uns Angst machen. Und es lässt sich nicht leugnen, dass immer mehr Zeichen des Endes der Zeiten sichtbar werden. Trotzdem bleibt Jesu Wort gültig, dass Zeit und Stunde der Wiederkunft Jesu für uns nicht berechenbar sind. Trotzdem will uns Jesu Wort sensibel machen, damit wir nicht unvorbereitet, sondern wachsam sind. Aber Jesus macht auch deutlich, dass das Ziel der Prophetie nicht die Entwicklung von Fahrplänen für das Handeln Gottes sind, sondern sie wollen uns vorbereiten, dass, wenn es geschieht, wir nicht in Panik verfallen, sondern durch die Drangsal hindurch auf die kommende Herrlichkeit Jesu schauen. Die Prophetie will uns die Augen öffnen für das, was nach der Drangsal kommt, die Kraft und Herrlichkeit Gottes. Und dieser Blick gilt nicht nur für die Endzeit, auch im Blick auf unsere persönlichen Zeiten der Drangsal wie Krankheit, Verlust von anderen Menschen oder den eigenen Tod gilt es, diese Augen des Glaubens zu haben, die durch das Unglück hindurch auf das Ziel schauen, das wir in Christus haben, jetzt und hier auf der Erde und erst recht einmal beim Vater im Himmel. Einige Anmerkungen zum eigentlichen Predigttext geben Ergänzungen, die für diese vor 35 Jahren gehaltene Predigt erforderlich wurden und die zeigen, dass das Szenario, das Jesus in seiner Endzeitpredigt entwirft, heute eher noch realistischer ist als vor 35 Jahren.   Der Text zur Predigt Markus 13,14-27 Wenn ihr aber den Greuel der Verwüstung da stehen sehet, wo er nicht soll (wer es liest, der merke darauf!), alsdann fliehe, wer im jüdischen Lande ist, auf die Berge.  Wer aber auf dem Dache ist, der steige nicht hinab und gehe nicht hinein, um etwas aus seinem Hause zu holen;  und wer auf dem Felde ist, der kehre nicht zurück, um sein Kleid zu holen.  Wehe aber den Schwangern und den Säugenden in jenen Tagen!  Bittet aber, daß eure Flucht nicht im Winter geschehe!  Denn es wird in jenen Tagen eine Trübsal sein, dergleichen nicht gewesen ist von Anfang der Schöpfung, die Gott erschaffen hat, bis jetzt, und wie auch keine mehr sein wird.  Und wenn der Herr die Tage nicht verkürzt hätte, so würde kein Mensch errettet werden; aber um der Auserwählten willen, die er erwählt hat, hat er die Tage verkürzt.  Und wenn alsdann jemand zu euch sagen wird: Siehe, hier ist Christus, oder: Siehe dort, so glaubet es nicht.  Denn es werden falsche Christusse und falsche Propheten auftreten und werden Zeichen und Wunder tun, um womöglich auch die Auserwählten zu verführen.  Ihr aber sehet euch vor! Siehe, ich habe euch alles vorhergesagt.  Aber in jenen Tagen, nach jener Trübsal, wird die Sonne verfinstert werden, und der Mond wird seinen Schein nicht geben,  und die Sterne werden vom Himmel fallen und die Kräfte im Himmel in Bewegung geraten.  Und alsdann wird man des Menschen Sohn in den Wolken kommen sehen mit großer Kraft und Herrlichkeit.  Und dann wird er seine Engel aussenden und seine Auserwählten sammeln von den vier Winden, vom Ende der Erde bis zum Ende des Himmels. Liebe Schwestern und Brüder, dieser Text ist ein harter Text, ein Text, der uns schwer verdaulich erscheint, ein Text, der uns ängstigen kann. Passt solch ein Wort überhaupt in unsere Zeit hinein? Kann man solch einen Text in unserer aufgeklärten Zeit überhaupt noch wörtlich nehmen? Dieser Text ist ein prophetisches Wort Jesu, in dem er seiner Gemeinde sagt: "Es werden Drangsale kommen. Es werden gewaltige Zeichen geschehen. Aber wenn all dies geschieht, dann werde ich durch meine Engel meine Gemeinde sammeln." Dieser Text ist aber zu allererst eine Verheißung: "Ich werde mit großer Macht und Herrlichkeit kommen." Wenn wir uns mit diesem Wort Jesu beschäftigen, dann müssen wir uns zunächst fragen: Wozu dient es? Warum sagt uns Jesus dieses Wort? Wozu braucht die Gemeinde Jesu Prophetie? Wozu braucht eine konkrete Ortsgemeinde Prophetie? In Johannes 13,19 sagt Jesus seinen Jüngern, warum er ihnen manche Dinge bereits jetzt sagt: Jetzt sage ich es euch, ehe es geschieht, damit, wenn es geschehen ist, ihr glaubet, daß ich es bin. Und Menge ergänzt in seiner Übersetzung: "(dass ich es bin, den die Schrift meint." Prophetie dient also nicht dazu, unsere Neugierde auf zukünftige Dinge zu befriedigen, der HERR will durch prophetische Reden unseren Glauben stärken. Eigentlich ist Prophetie eine Predigt Jesu an die zukünftige Gemeinde: Wie haben unsere Väter gerätselt, wie die Prophezeiungen des Alten Bundes über das wieder zusammengeführte Volk Israel zu verstehen sind. Viele glaubten, dass diese Texte von der Gemeinde Jesu redeten, die Gemeinde Jesu sei das wieder erwachende Israel. Und wie wörtlich hat sich vor unseren Augen und den Augen der Welt Hesekiel 37 erfüllt. Aus den Totengebeinen des Konzentrationslagers Auschwitz ist ein souveräner Staat Israel geworden. Er besteht bis heute, obwohl viele sich gegen ihn verschworen haben und doch nichts gegen ihn ausrichten können. Gerade heute erleben wir, wie die Brandstifter gegen Israel erleben müssen, wie ihr eigenes Haus verbrennt. Nach der Staatsgründung Israels mussten viele ihre Auslegungen der alten Prophetien überdenken, auch die, die damals dachten, dass das nicht lange anhalten werde. Es stärkt unser Vertrauen in Gottes Wort, wenn wir erleben, dass Gott es durch seine Propheten und auch durch seinen Sohn bereits vorhergesagt hat. Das kann nur ein Gott, der außerhalb der Zeit steht und die Dinge in seiner Hand hält. Wir stehen als Gemeinde mitten in unserer Zeit und können uns nicht aus ihr herauslösen, können uns nicht auf eine Insel der Seligen zurückziehen. Und so fühlen wir uns auf vielfältige Weise bedroht. Kommentar zum Predigttext: Die Beispiele, die ich vor 35 Jahren gewählt habe, als ich diese Predigt gehalten habe, gelten m.E. noch heute, sind aber nicht mehr ausreichend. Deshalb habe ich diesen Abschnitt der Predigt erweitert. Zunächst der Text, wie ich ihn vor 35 Jahren gesprochen habe:   Doch viele Menschen - auch Baptisten - sind dem Alkohol verfallen, offensichtlich oder heimlich. Wir haben eine hervorragende Medizin, hervorragende Medikamente, aber viele Menschen sind von Schmerz und Aufputschmitteln abhängig. Wir haben ein ungeheures Wissen angehäuft. Tag für Tag werden wir über Fernsehen, Radio und Zeitung ausführlich informiert... Und wir merken, wie dieses Wissen uns eine Verantwortung aufbürdet, die wir kaum tragen können. Wir haben eine große menschliche und politische Freiheit. Unsere Verfassung bietet uns alle bürgerlichen Freiheiten. Insbesondere können wir unsere Religion absolut frei - ja, sogar geschützt vom Staat - ausüben. Gleichzeitig ist auch unsere Gesellschaft so liberal, dass sie unser "Anderssein" akzeptiert. Und doch merken wir, wie gerade in dieser Freiheit viele unserer Wertvorstellungen aufweichen und auch vergehen. Ich frage mich manchmal, ob diese Drangsal am Ende der Zeiten, von der unser Text spricht, nicht viel gefährlicher ist, als wir uns dies gemeinhin denken. Vielleicht kommt sie gar nicht so sehr von außen, mit physischer Gewalt, mit Verfolgung und Tod. Vielleicht gibt es eine weitere, viel schlimmere Drangsal, die von innen kommt, mit einer samtenen, verführerischen Gewalt, die den Glauben von innen aushöhlt, eine Verfolgung der Gedanken in uns selbst und damit ein schleichender geistlicher Tod. Kommentar zum Predigttext: Dieses würde ich heute so wieder sagen, auch das, was ich zum "schleichenden geistlichen Tod" gesagt habe. Aber es kristallisiert sich heute heraus, dass das nicht alles ist. Dieser "schleichende geistliche Tod" macht viele Christen wehrlos. Und die Destabilisierung, die wir in Europa und auch in Deutschland erleben, zeigt doch deutlich, dass auch die harte physische Gewalt wieder in unsere Gesellschaft eindringt. Deshalb würde ich aus heutiger Sicht fortfahren:   Aber diese Sichtweise ist eine sehr europäische Sicht und hat in Afrika und Asien vermutlich so nie gegolten. Und auch wir seit 1945 in Frieden lebenden Westeuropäer müssen heute erkennen, dass unser Wohlstand und unsere Freiheit bedroht sind, dass die Dinge, die wir für unser Leben für wichtig halten, keineswegs unser sicherer Besitz sind. Zwar geht es uns immer noch gut, und wir leben in einem nie gekannten Wohlstand. Aber wir merken auch, wie viele unserer alten Sicherheiten bröckeln. Wer hätte gedacht, dass die Vereinigten Staaten einmal so ins Taumeln geraten würden und dort die Lüge einen solchen Stellenwert gewinnen würde, wie wir Älteren es bisher nur aus dem kommunistischen Osten kannten. Wer hätte gedacht, dass der Traum von dem einen Europa so schnell zerplatzt und Russland in die Nachfolge Adolf Hitlers tritt, ein Volk, das schwer leiden musste unter eben diesem Adolf Hitler. Wer hätte gedacht, dass China sich mit diesem aggressiven Russland verbünden würde, um seine eigenen Großmachtfantasien auszuleben. Als der gegenwärtige Präsident Chinas, XI, die Macht übernahm, rief er seiner Armee zu, sie müsse siegen lernen. Niemand hat das damals für voll genommen. Heute hat es einen ganz anderen Klang. Wir sehen mit Schrecken, wie die Gewalt im Nahen Osten eskaliert und Menschen als Schutzschilde für Schandtaten missbraucht werden. Wir merken, wie dort die Saat des Hasses aufgeht, die über Jahrzehnte gepredigt wurde und die bis in unser eigenes Land ausstrahlt. Wir wissen nicht, wie wir beten sollen. Wir beten für Israel, das Volk Gottes. Aber gleichzeitig sehen wir das unendliche Leiden der Menschen im Gaza-Streifen, Menschen, die teilweise die Früchte ihres Hasses ernten, aber auch viele, die wünschen, dass ihre Kinder in Frieden aufwachsen können, dass ihr kleines familiäres Glück erhalten bleibt. Wir haben eine ungekannte Freiheit in der westlichen Welt und gebrauchen sie, indem wir uns selbst zum Maßstab machen und die Gebote Gottes ignorieren. Unsere Gesellschaft fragt nicht mehr nach den Geboten Gottes, wenn es um ethische Fragen geht. Stattdessen gilt ein eingeschränktes Lustprinzip, eingeschränkt nur durch die Tatsache, dass der Andere, den ich für meine Lustbefriedigung brauche, widersprechen darf. Ansonsten ist das, wozu ich Lust habe, auch erlaubt. Und wenn ich Menschen finde, die diese Lust mit mir teilen, dann ist das auch in Ordnung. Und wenn wir dann erleben, wie einzelne Menschen dieses Lustprinzip auch auf ihre Gewaltphantasien ausdehnen, dann sind wir empört und verurteilen diesen einzelnen Menschen. Die Bibel hat sehr klare Vorstellung vom Menschen: Und Gott schuf den Menschen ihm zum Bilde, zum Bilde Gottes schuf er ihn; männlich und weiblich schuf er sie.  Und Gott segnete sie und sprach zu ihnen: Seid fruchtbar und mehret euch und füllet die Erde und machet sie euch untertan und herrschet über die Fische im Meer und über die Vögel des Himmels und über alles Lebendige, was auf Erden kriecht! (1.Mose 1,27-28) . Auch wenn es uns nicht leicht fällt, weil es schwer ist, sich gegen den Zeitgeist zu stellen, müssen wir doch feststellen, dass Gott den Menschen als Mann und als Frau geschaffen hat und dass er unsere Fruchtbarkeit wollte, nicht unsere Karriere, unsere Höchstleistungen und Rekorde, unsere Maßlosigkeit. Wir müssen nun nicht gleich jeden, der diese Zielvorstellung nicht teilt, ins Gefängnis stecken. Aber wir sollten uns an diesem göttlichen Ziel orientieren. Volkswirtschaften, die meinten, etwa auf das Ziel: "Seid fruchtbar und mehret euch ..." verzichten zu können, wie etwa die chinesische Volkswirtschaft, merken heute, dass sie in eine erhebliche Schieflage geraten, nicht nur, was die Finanzierung der Renten angeht. Wir in Deutschland sind reicher und schaffen es bis heute noch, unsere Rente zu erwirtschaften. Und doch merken wir, wie wir mit der Tatsache, dass Menschen aus fremden Kulturen zu uns kommen, um die Arbeitsplätze zu besetzen, die wir selbst, mangels Nachwuchs, nicht mehr besetzen können, unseren Zusammenhalt als Gesellschaft auf eine schwere Probe stellen, so dass 79 Jahre nach dem Zusammenbruch der Nazi-Herrschaft die Parolen der Nazis wieder salonfähig werden und einen nennenswerten Teil der Bevölkerung dazu verlocken, von Nazis unterwanderte Parteien zu wählen. Im Sendschreiben an die Gemeinde in Ephesus spricht der erhöhte Herr: Ich weiß deine Werke und deine Arbeit und deine Geduld, und daß du die Bösen nicht ertragen kannst, und daß du die geprüft hast, die sich Apostel nennen und es nicht sind, und hast sie als Lügner erfunden;  und du hast Ausdauer, und um meines Namens willen hast du getragen und bist nicht müde geworden.  Aber ich habe wider dich, daß du deine erste Liebe verlassen hast.  Bedenke nun, wovon du abgefallen bist, und tue Buße und tue die ersten Werke! Sonst komme ich über dich und werde deinen Leuchter von seiner Stelle stoßen, wenn du nicht Buße tust! (Offenbarung 2,2-5) Von Deutschland ist auch viel Gutes ausgegangen, etwa die Reformation, die, was häufig übersehen wird, auch auf die katholische Kirche einen großen Einfluss gehabt hat. Die Reformation hat so manchen falschen Apostel als Lügner entlarvt. Auch wir haben solche Verdienste. Aber auch wir haben die "erste Liebe" verlassen. Das Wort "Liebe" mag man für unsere Gesellschaft wohl kaum in den Mund nehmen. Aber selbst so etwas wie ein gesellschaftlicher Zusammenhalt existiert bei uns nicht mehr. Und so gilt das Wort Jesu an die Gemeinde in Ephesus wohl auch für uns: "... tue Buße und tue die ersten Werke! Sonst komme ich über dich und werde deinen Leuchter von seiner Stelle stoßen, wenn du nicht Buße tust!" Ein hartes Wort. Aber es muss im Zusammenhang mit dem Wort von der "ersten Liebe" gesehen werden. Wir erleben Hass und Gewalt in unserer Gesellschaft. Wir haben nicht nur die "ersten Liebe" verloren. Ein Ruf zur Umkehr aus dieser Spirale der Gewalt ist notwendig. Und das Wort notwendig drückt klar aus, dass dieser Schritt erforderlich ist, unsere Not zu wenden. Kommentar zum Predigttext: Eigentlich hatte ich mir vorgenommen, genau solche Bußworte nicht zu verwenden. Einerseits ist ja in jedem Bußruf auch eine Komponente, die auf mich selbst zurückverweist: "Bin ich eigentlich aufgrund meines eigenen Lebenswandels berechtigt, solch einen Bußruf auszusprechen?" Andererseits ist da die Befürchtung, dass solche Bußrufe nur noch mehr zur Verhärtung beitragen. Deswegen muss der Fokus auf der Abkehr von Hass und Gewalt, auf der Rückkehr zu einem von Nächstenliebe oder wenigsten von einer Grundsympathie getragenen Verhältnis zum Nächsten, zum Mitmenschen beruhen. Aber ein solcher Schritt setzt voraus, dass eine Umkehr von dem Weg erfolgt, den unsere Gesellschaft für jeden ersichtlich geht. Es ist viel zu kurz gegriffen, wenn man das Problem auf die Ausländerproblematik und das Asylrecht reduziert. Dazu gehört auch der Umgang von Menschen miteinander, die in einem Abhängigkeitsverhältnis zueinander stehen, etwa in der Ehe oder Familie, im Beruf, in der Ausbildung oder in der Freizeit. Das Ganze sprengt den Rahmen einer Predigt. Aber wenn wir als Christen uns dazu äußern wollen, dann scheint mir ein Bußruf unumgänglich, kein Bußruf, der mit dem Gefängnis droht, sondern ein Bußruf, der den Weg in eine vom Gedanken der Nächstenliebe geprägt Zukunft führt, der auch ermutigt, gemäß der Schöpfungsordnung zu leben und nicht das gesamte Leben den Bedürfnissen einer Wirtschaft unterzuordnen, die die Familien zerreißt, Kinder zu Hindernissen auf dem Weg zur Selbstverwirklichung degradiert und am Ende nur ausgebrannte (burn-out) Hüllen hinterlässt. Es ist leicht, Menschen nach dem Munde zu reden. Aber mir scheint, dass in unserer säkularen, um nicht zu sagen gottlosen Gesellschaft das "NEIN" der Kirche hörbar werden muss. Vielleicht können solche Überlegungen auch Platz in einer Predigt finden, etwa in einer Predigt, in der über das persönliche Zeugnis des Christen oder über Seelsorge gesprochen wird. Allerdings ist es ganz wichtig, dass der Bußruf nicht zornig den Zuhörern vor die Füße geworfen wird, sondern als Ansporn, dem Wesen und der Liebe Gottes nachzueifern, vorgetragen wird: Und dann werden viele Anstoß nehmen und einander verraten und einander hassen.  Und es werden viele falsche Propheten auftreten und werden viele verführen.  Und weil die Gesetzlosigkeit überhand nimmt, wird die Liebe in vielen erkalten;  wer aber ausharrt bis ans Ende, der wird gerettet werden. (Matthäus 24,10-13) Aber eigentlich enthält unser Predigttext gar keinen Ruf zur Umkehr. Er zeigt auf, was geschehen wird. Er redet von einem "Gräuel der Verwüstung", der aufgerichtet wird. Es ist sicherlich nicht richtig, diesen Text auf die Zeit nach der Zerstörung Jerusalems zu verlegen und mit dem "Gräuel der Verwüstung" die Entweihung des Tempels und seine Zerstörung durch die Römer zu sehen, ihn also als erledigt zu betrachten. Wir haben keinen Grund, an dem Zeugnis des Papias zu zweifeln, der uns überliefert, Markus habe Petrus auf seinen Missionsreisen unter den Juden der Diaspora begleitet und getreulich aufgeschrieben, was Petrus dabei über Jesus berichtet habe. (Eusebius, Kirchengeschichte III 39) Das Wort Jesu ist also keineswegs erledigt, sondern ist ein prophetisches Wort, das uns einen Blick ans Ende der Zeiten erlaubt. Und diese Aussichten sind nicht schön: "Fliehe" - "Kehre nicht zurück, um sein Kleid zu holen" - "Wehe aber den Schwangern und den Säugenden". Es wird also eine Zeit vollständiger Rücksichtslosigkeit sein. Von Liebe und Fürsorge hören wir in dieser Prophetie nichts. Matthäus überliefert: Und dann werden viele Anstoß nehmen und einander verraten und einander hassen.  Und es werden viele falsche Propheten auftreten und werden viele verführen.  Und weil die Gesetzlosigkeit überhand nimmt, wird die Liebe in vielen erkalten;  wer aber ausharrt bis ans Ende, der wird gerettet werden. (Matthäus 24,10-13) Jesus hat also ausdrücklich betont, dass die Liebe erkalten wird. Es passt in erschreckender Weise in unsere Zeit. Aber die Menschen im 2. Weltkrieg werden wohl auch geglaubt haben, dass es auf ihre Zeit passt, ebenso die Menschen im 30-jährigen Krieg. So ist das Wort also kein Hinweis auf den Zeitpunkt der Wiederkunft Jesu. Unser Text will uns sagen, dass solches geschehen wird. Und es wird noch mehr geschehen, denn Menschen werden auftreten, die große Wunder tun werden, um die Auserwählten zu verführen. Wieviel Verführung ist heute unter uns! Wieviele Menschen laufen dem Lügner und überführten Straftäter Trump nach, gerade auch viele Evangelikale, die es besser wissen müssten, die wissen müssten, wer der Vater der Lüge ist. Allerdings stehen die großen Wundertäter noch aus, denn die Hitlers und Stalins und Maos unserer Zeit haben zwar Millionen von Menschen auf ihrem Gewissen, aber außer Zerstörung und Verführung hatten sie nichts zu bieten. Unser Text sagt uns, es wird noch schlimmer kommen, so dass viel Menschen meinen, Christus in den Verführern zu erblicken: "Siehe, hier ist Christus!" werden sie rufen, aber unser Text sagt uns, ihnen nicht zu glauben, skeptisch zu bleiben. Nicht jeder, der sich mit einer Bibel fotographieren lässt (Trump) oder sich in eine Kirche hineinretuschieren lässt (Putin), ist deshalb schon ein Apostel. Bleibt skeptisch, ist die Botschaft unseres Herrn, glaubt ihnen nicht. Und nun folgt eine Aussage Jesu, die uns tief hineinnimmt in das Wesen der Prophetie: Ihr aber sehet euch vor! Siehe, ich habe euch alles vorhergesagt. (Markus 13,23) Das Johanneszitat unterstreicht diesen Aspekt noch einmal: Jetzt sage ich es euch, ehe es geschieht, damit, wenn es geschehen ist, ihr glaubet, daß ich es bin. (Johannes 13,19) Jesus will seine Jünger und auch uns vorbereiten, damit wir in Drangsalen, in Trübsal standhaft bleiben: "Siehe, ich habe euch alles vorhergesagt." Unser Text will uns also etwas über den Zweck der Prophetie sagen: Wenn solche Tendenzen sichtbar werden, dann sei nicht überrascht. Es ist nicht so, dass dein Gott die Kontolle verloren hat. Ich bin weiterhin Herr der Situation. Aber ich lasse es zu. Wir wissen also, dass unser Herr uns vorbereiten will auf das, was kommt. Er will uns keinen Fahrplan liefern, wann etwas geschieht. Er will uns vorbereiten, damit wir auch in schwerer Zeit am Glauben festhalten und den Blick auf das Ziel richten, die Wiederkunft unseres Herrn: "Ja, Jesus, mein Herr, hat es mir vorher angekündigt. Er hat mir gesagt: Pass darauf auf. Sei wachsam und schlafe nicht." Und dies ist nicht alles, was Jesus uns sagt. Jede Mutter macht es ja genauso, wenn ihr Kind morgens zur Schule geht: "Pass auf, wenn du über die Straße gehst. Sei vorsichtig." Dabei weiß die Mutter nicht, ob etwas passiert. Jesus dagegen weiß, was geschieht, weil es ihm der Vater offenbart hat, wie Johannes im ersten Vers der Offenbarung sehr sorgfältig beschreibt: Offenbarung Jesu Christi, welche Gott ihm gegeben hat, seinen Knechten zu zeigen, was in Bälde geschehen soll; und er hat sie kundgetan und durch seinen Engel seinem Knechte Johannes gesandt, (Offenbarung 1,1) Jesus spricht von gewaltigen Erschütterungen, die unser gesamtes Sonnensystem in Mitleidenschaft ziehen werden: "Aber in jenen Tagen, nach jener Trübsal, wird die Sonne verfinstert werden, und der Mond wird seinen Schein nicht geben, und die Sterne werden vom Himmel fallen und die Kräfte im Himmel in Bewegung geraten." Wenn sich die Sonne verfinstert, ist klar, dass auch der Mond seinen Schein verliert. Aber wie soll sich die Sonne verfinstern. Wird sich eine Staubwolke um die Sonne legen und den Schein der Sonne absorbieren? Und wo soll diese Wolke herkommen? Die Sterne, die vom Himmel fallen: Werden es Meteoriteneinschläge sein? Wir wissen es nicht. Aber wenn es geschieht, dann wissen wir, dass der Herr nahe ist. Wir werden, wie alle Menschen, große Angst haben. Und doch wissen wir, der Herr ist nahe. Als du dich bekehrt hast, schien die Sonne in dein Herz hinein. Jedes Bibelwort, das du gelesen hast, hat eine Resonanz in deinem Herzen hervorgerufen, und du hast gemerkt: "Hier spricht der Herr zu mir ..." Und irgendwann hast du dieses Bibelwort wieder gelesen, und deine Reaktion war: "Ach ja, das kenne ich schon, darüber habe ich schon viel gelesen, ..." Das Wort trifft noch deinen Verstand, nicht aber dein Herz. Die Sonne hat ihren Schein verloren. Kennt ihr das? Ich muss bekennen, ich kenne solche Zeiten. Als du anfingst zu glauben, da waren deine Brüder und Schwestern um dich. Sie haben wie der Mond den Wiederschein des lebendigen Glaubens an Gott auf dich gelenkt, auch und gerade dann, wenn du Dunkelheit empfunden hast. Du hast ihr Vorbild als wohltuend und motivierend empfunden. Wenn es einmal Nacht in deinem Leben war, dann erschien dir eine vollmächtige Predigt wie ein heller Vollmond in der Nacht. Er ersetzt nicht den Sonnenschein, aber er hat dir geholfen, die Zeit bis zum neuen Morgen zu überbrücken, an dem du das Licht der Sonne, die Begegnung mit dem lebendigen Gott, neu erlebt hast. Und mit einem Mal fehlen dir solche Brüder und Schwestern. Es erscheint kein Mond mehr, der dir die Liebe deines Gottes wiederspiegelt. Da gab es Menschen, die dir zum Vorbild wurden. Sie waren dir nicht wie die Sonne, aber doch Lichtpunkte, die dir Orientierung gegeben haben. Aber dann sind sie gestrauchelt, wie Sterne, die auf die Erde fallen und deren Licht erloschen ist. Und du fragst dich, wie konnte dies geschehen? Warum? Viele sind in solchen Situationen verzweifelt, haben selber auch aufgegeben, haben sich mitreißen lassen vom Zerbruch eines Menschen. Viele haben in ihrem Leben den Erschütterungen nicht Stand gehalten. Und hier sagt uns unser Text: "Ich, der Sohn des Menschen, komme in großer Kraft und Herrlichkeit." Und er möchte dich damit auf die Prioritäten hinweisen: "Was bedeutet eine kurze, befristete Zeit der Trübsal und des Leidens gegenüber der großen und herrlichen Zukunft der Kinder Gottes." Und damit sind wir bei dem eigentlichen Sinn der Prophetie und speziell dieses Wortes angekommen: Es möchte uns sagen: "Schau einfach einmal hindurch durch deine Probleme. Du siehst den Weg nicht, weil dein Auge ein menschliches Auge ist, das immer nur das JETZT sieht. Schau weiter. Denn der erhöhte Herr steht schon bereit. Er wird dich zu sich ziehen." Am Ende der Zeiten wird er dich zu sich nehmen und du wirst Anteil haben an seiner Kraft und Herrlichkeit. Er sendet seine Engel aus. Er wird dich finden, wo du auch bist, wohin auch immer sie dich verschleppt haben. Du bist ihm so wichtig, dass er nach dir suchen lässt. Seine Engel werden dich finden, wo du auch bist, ob du stehst oder liegst, sie werden dich finden und dich in die große Versammlung seiner Auserwählten stellen. Ein altes Kirchlied sang: "Das wird allein, Herrlichkeit sein, ..." Diesen Blick schenkt dir der Herr, wenn du mit den Augen des Glaubens schaust. Dies ist keine billige Jenseitsvertröstung, denn diese Augen des Glaubens, die durch eine kritische Situation hindurchschauen und auf das Ziel blicken, um Kurs zu halten, auch wenn uns der Wind ins Gesicht bläst, die Lage bedrohlich ist, diese Augen des Glaubens brauchen wir für unser ganzes Leben, nicht nur im Blick auf den Tod: In Prüfungen, im Leiden, in Schmerzen und auch im Blick auf den Tod: "Das wird allein, Herrlichkeit sein, ..." David hat es im 23. Psalm so gesungen: Und ob ich schon wanderte im finstern Todestal, fürchte ich kein Unglück; denn du bist bei mir, dein Stecken und dein Stab, die trösten mich!  Du bereitest vor mir einen Tisch angesichts meiner Feinde; du hast mein Haupt mit Öl gesalbt, mein Becher fließt über.  Nur Güte und Gnade werden mir folgen mein Leben lang, und ich werde bleiben im Hause des HERRN immerdar. (Psalmen 23,4-6) David hat auch nicht Gott sichtbar neben sich gehabt. Aber mit den Augen des Glaubens hat er seinen Herrn gesehen. In seinen Gebeten, in dem Lobpreis, in den Liedern, die er Gott dargebracht hat, hat er seinen Gott gesehen. Gerade auch in der Verfolgung durch Saul und der für ihn damit verbundenen Lebensgefahr hat er ihn gesehen. Und das wünsche ich uns allen, dass der Herr uns solche Augen des Glaubens schenkt, die das Dunkel und alle Wirrnis durchdringen, gerade auch in einer Zeit, in der viele fromme Christen sich von Lügen blenden lassen, nicht nur in den U.S.A., sondern auch in unserem Land und in Europa, im Westen wie im Osten. Diese Augen des Glaubens mögen uns stark machen in allen persönlichen Schwierigkeiten, die uns immer wieder bedrängen. Sie mögen uns aber auch stark machen im Blick auf unsere eigene Vergänglichkeit und die Furcht vor den apokalyptischen Ereignissen der letzten Zeit: "Das wird allein, Herrlichkeit sein, ..." Wirf alle deine Sünden von dir. Wenn du etwas zu bekennen hast, so bekenne es heute. Leg die Lasten ab, die dich beschweren. Am Ende der Bibel (Offenbarung 22,20) spricht der erhöhte Herr: "Ja, ich komme bald!" und die Gemeinde der Gläubigen antwortet: "Amen, komm, Herr Jesus!" Unser Herr kommt, in Kraft und in Herrlichkeit, das ist unsere Zuversicht. AMEN Nachtrag zur Predigt: Diese Predigt ist so wie sie jetzt vorliegt, von mir nie gehalten worden, der auf das Jahr 2024 bezogene Teil ist jetzt erst dazugekommen. Vermutlich ist sie damit zu lang geworden, denn meine Vorschrift der gehaltenen Predigt war schon gut für 30 Minuten. Allerdings hat mich der Einschub schon sehr nachdenklich gemacht. Es ist in der Zwischenzeit viel passiert, was den Eindruck, dass wir tatsächlich am Ende der Zeiten leben, doch zunehmend verstärkt. Und das macht es um so dringlicher, dass sich die Kirche von den falschen Christussen, die hier und dort auftauchen, distanziert. Meine Generation, ich bin 1948 geboren, also ein Kind der Nachkriegszeit, lebte in dem Glauben an die eine Welt. Wir haben versucht, mit Russland und mit China gute Beziehungen aufzubauen, ich habe selbst in China gelehrt und gearbeitet und war überzeugt, etwas für den Frieden und die Völkerverständigung zu tun. Ich habe viele offene Gespräche dort geführt und gehofft, dass der Gedanke der einen Welt heute möglich wird, wo wir alle so eng vernetzt sind und kein Ort mehr als 24 Flugstunden entfernt liegt. Stattdessen geht aber das alte Spiel: "Wer ist der Größte? Wer ist der Stärkste?" wieder los. Harmagedon (Offenbarung 16,14-16) ist wieder denkbar geworden. Er sprach zu ihnen: Es ist nicht eure Sache, Zeiten oder Stunden zu kennen, welche der Vater in seiner eigenen Macht festgesetzt hat; (Apostelgeschichte 1,7) Ich bin immer noch überzeugt, dass dieses Wort Jesu immer noch gilt und es durchaus sein kann, dass noch ein Jahrtausend vergeht, bis Jesus wiederkommt. In der Predigt habe ich auch versucht, diesen Aspekt sichtbar zu machen. Aber ich war verblüfft, als ich den Einschub formulierte, wie die Kreise doch immer enger werden, die Konturen der Wiederkunft Jesu immer deutlicher werden. Auf keinen Fall möchte ich aber so missverstanden werden, als könne ich Zeit und Stunde der Wiederkunft Jesu auch nur eingrenzen. Allerdings zielt die Predigt Jesu ja darauf ab, dass wir wachsam sind: Matthäus 24,32-36, Matthäus 24,42-43, Matthäus 25,13, Matthäus 26,41, Markus 13,33-37, Lukas 12,37-39, Lukas 21,36, Römer 13,11, 1.Korinther 16,13, Epheser 5,14, Epheser 6,18, Kolosser 4,2, 1.Thessalonicher 5,1-10, 1.Petrus 5,8, 2.Petrus 3,10, Offenbarung 3,3, Offenbarung 16,15. Insofern ist es richtig, den Aspekt der Wachsamkeit und Bereitschaft auch immer wieder zu erwähnen, aber nicht wie eine Drohung, sondern mit dem Hinweis, dass es gut für uns ist, in stetiger Verbindung mit dem Herrn zu stehen, damit die Liebe in uns nicht erkaltet. Man kann es in manchen Kirchenvorständen beobachten, wo das Beispiel der Fußballvereine, die durch einen Trainerwechsel plötzlich Erfolge erzielen, auf die Einstellung von Pastoren angewendet wird. Ob den Kirchenvorständen das immer so bewusst ist, bleibe dahingestellt. Aber die Tatsache, dass die gesellschaftliche Kälte auch in die Kirchen einzieht, ist nicht zu leugnen. Die Frage ist, ob unsere Predigten der Liebe stattfinden, ob sie oft genug stattfinden und ob unsere Predigten der Liebe sich diesem Trend deutlich genug entgegenstellen oder ob wir gar "mit den Wölfen heulen". Dass auch die Kirche immer wieder Schuld auf sich lädt, ist richtig, darf aber die Predigt der Liebe nicht hindern. Die Liebe Gottes zu den Menschen und die daraus resultierende Liebe der Menschen untereinander ist ein zentrales und unaufgebbares Ziel der Predigt des Evangeliums. Alle endzeitlichen Themen müssen darin eingebettet sein. Die Predigt der Liebe darf nicht aufhören. Sie ist das wahre Bekenntnis zu unserem Gott: Und wir haben erkannt und geglaubt die Liebe, die Gott zu uns hat; Gott ist Liebe, und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott und Gott in ihm.  Darin ist die Liebe bei uns vollkommen geworden, daß wir Freimütigkeit haben am Tage des Gerichts, denn gleichwie Er ist, so sind auch wir in dieser Welt.  Furcht ist nicht in der Liebe, sondern die völlige Liebe treibt die Furcht aus, denn die Furcht macht Pein; wer sich aber fürchtet, ist nicht vollkommen geworden in der Liebe.  Wir lieben, weil er uns zuerst geliebt hat.  Wenn jemand sagt: Ich liebe Gott, und seinen Bruder doch haßt, so ist er ein Lügner; denn wer seinen Bruder nicht liebt, den er sieht, der kann Gott nicht lieben, den er nicht sieht!  Und dieses Gebot haben wir von ihm, daß, wer Gott liebt, auch seinen Bruder lieben soll. (1.Johannes 4,16-21).