Jesus besucht Nazareth, die Stadt, in der er aufgewachsen ist Wunder erlebt nur, wer genau hinschaut   Zusammenfassung Ein großer Gottesdienst in Nazareth. Der in ganz Galiläa bekannt Jesus, ein Sohn dieser Stadt, hat sich angesagt. Man sagt, er könne Wunder tun. Und so kommen sie gespannt in die Synagoge. Jesus predigt, ein Wort voller Gnade, toll. Doch das Wunder bleibt aus. Die Menschen lassen ihrer Enttäuschung freien Lauf, treiben ihn zu einem Abhang, um ihn dort herunterzustürzen. Da geschieht das Wunder, Jesus geht mitten durch die aufgebrachte Menge hindurch, man kann ihn nicht halten. Aber niemand bemerkt das Wunder, alle sind nur mit ihrer Enttäuschung über diesen Jesus beschäftigt, Möge es uns nicht so gehen wie diesen Gottesdienstbesuchern aus Nazareth: Der Messias erscheint unter ihnen und sie merken es nicht. Ein Wunder geschieht, und sie merken es auch nicht. Schlagwörter: Befreiung - Enttäuschung - Erfahrung - Gemeinde - Gottesdienst - Ich bin - Jesus - Messias - Nazareth - Synagoge - Wunder Der Text zur Predigt Lukas 4,14-30  Und Jesus kehrte in der Kraft des Geistes zurück nach Galiläa; und das Gerücht von ihm verbreitete sich durch die ganze umliegende Landschaft.  Und er lehrte in ihren Synagogen und wurde von allen gepriesen.  Und er kam nach Nazareth, wo er erzogen worden war, und ging nach seiner Gewohnheit am Sabbattag in die Synagoge und stand auf, um vorzulesen.  Und es wurde ihm das Buch des Propheten Jesaja gegeben; und als er das Buch auftat, fand er die Stelle, wo geschrieben steht:  «Der Geist des Herrn ist auf mir, weil er mich gesalbt hat; er hat mich gesandt, den Armen frohe Botschaft zu verkünden, zu heilen, die zerbrochenen Herzens sind, Gefangenen Befreiung zu predigen und den Blinden, daß sie wieder sehend werden, Zerschlagene in Freiheit zu setzen;  zu predigen das angenehme Jahr des Herrn.»  Und er rollte das Buch zusammen und gab es dem Diener wieder und setzte sich, und aller Augen in der Synagoge waren auf ihn gerichtet.  Er aber fing an, ihnen zu sagen: Heute ist diese Schrift erfüllt vor euren Ohren!  Und alle gaben ihm Zeugnis und wunderten sich über die Worte der Gnade, die aus seinem Munde gingen, und sprachen: Ist dieser nicht der Sohn Josephs?  Und er sprach zu ihnen: Allerdings werdet ihr mir dieses Sprichwort sagen: Arzt, hilf dir selber! Die großen Taten, von denen wir gehört haben, daß sie zu Kapernaum geschehen, tue sie auch hier in deiner Vaterstadt!  Er sprach aber: Wahrlich, ich sage euch, kein Prophet ist angenehm in seiner Vaterstadt.  In Wahrheit aber sage ich euch: Es waren viele Witwen in den Tagen Elias in Israel, als der Himmel drei Jahre und sechs Monate lang verschlossen war, da eine große Hungersnot entstand im ganzen Land;  und zu keiner von ihnen wurde Elia gesandt, sondern nur zu einer Witwe nach Sarepta in Zidonien.  Und viele Aussätzige waren in Israel zur Zeit des Propheten Elisa; aber keiner von ihnen wurde gereinigt, sondern nur Naeman, der Syrer.  Da wurden alle voll Zorn in der Synagoge, als sie solches hörten.  Und sie standen auf und stießen ihn zur Stadt hinaus und führten ihn an den Rand des Berges, auf dem ihre Stadt gebaut war, um ihn hinabzustürzen.  Er aber ging mitten durch sie hindurch und zog davon. Ein großer Gottesdienst war in Nazareth angesagt. Wunderdinge hatte man sich in ganz Galiläa von diesem Jesus erzählt. Man sprach von ihm ehrfurchtsvoll als von einem Mann Gottes, der Vollmacht hatte zu predigen. Und dieser Jesus hatte sich in Nazareth angesagt. Dieser Jesus hat sich auch heute, hier bei uns, angesagt. Wir wollen einmal darauf hören, wie Jesus zu uns spricht, wie er sich seine Gemeinde vorstellt, was er erwartet ... Damals in Nazareth und heute, hier bei uns ... Jesus ging nicht aus einem besonderen Grund am Sabbat in die Synagoge, er ging nach seiner Gewohnheit in die Synagoge. Halten wir also fest: Auch Jesus kannte Gewohnheiten. Und sonntags in den Gottesdienst zu gehen, gehört sicherlich zu den guten Gewohnheiten. Es sind die Gewohnheiten, die zu unserem geistlichen Leben einfach dazu gehören. Einen jüdischen Synagogengottesdienst müssen wir uns etwa wie einen freien Gottesdienst bei uns vorstellen. Hier war nicht alles festgelegt. Ein Synagogengottesdienst enthielt Textlesung und Predigt. Meist predigte ein Rabbi oder ein Schriftgelehrter; aber dies war nicht zwingend vorgeschrieben. Ich kann mir lebhaft vorstellen, wie sie in diesem Gottesdienst alle gespannt waren: „Was wird er wohl sagen?“ „In Kapernaum soll er sogar Wunder getan haben, ach, wenn doch bei uns auch solche Wunder geschehen würden.“ Ich denke, viele von euch sind auch nach ihrer Gewohnheit hier - das ist gut. Was erwartet ihr? Das etwas geschieht, etwa, dass ein Chor singt. Oder ihr seid gespannt auf den Predigttext, ob er euch etwas besonderes zu sagen hat. Oder eure Gedanken sind schon wieder oder immer noch zu Hause. Da ist noch so viel zu erledigen, bevor am Montag die Woche wieder losgeht. Wenn ich das heute nicht noch schaffe, dann dauert es wieder bis zum nächsten Wochenende. In Nazareth waren die Besucher der Synagoge gespannt auf einen Mann, von dem sie schon viel gehört haben: Gutes und auch sehr wundersames. Dabei kannten sie ihn noch als Jungen, als den ältesten Sohn des Zimmermanns Joseph. Jetzt war er in Galiläa eine Berühmtheit. Und heute war er hier bei ihnen in der Synagoge. Und er sagt auch tatsächlich ein Wort. Er bittet um die Jesajarolle. Und als man sie ihm reicht, liest er einen ganz bekannten Text daraus vor, einen Text, den jeder kennt und von dem man weiß, dass er mit dem kommenden Messias - irgendwann einmal, wenn der Messias kommt - in Erfüllung gehen wird. Jesaja 61,1-2: Der Geist Gottes, des HERRN, ist auf mir, weil der HERR mich gesalbt hat, um den Elenden gute Botschaft zu verkündigen; er hat mich gesandt, zerbrochene Herzen zu verbinden, den Gefangenen Befreiung zu predigen, den Gebundenen Öffnung der Kerkertüren ;  zu predigen ein Gnadenjahr des HERRN und einen Tag der Rache unsres Gottes, zu trösten alle Traurigen; Ein bisschen enttäuschend war es schon. Denn dieses bekannte Wort ist zwar gut und wichtig, aber was ist denn heute gut und wichtig. Sollte er nicht lieber etwas Aktuelles sagen, etwa etwas über seine Heilungstätigkeit und wie das zu erklären ist. Immer diese alten Texte über die ferne Zukunft, warum nicht etwas Aktuelles? Ich denke, es ging ihnen damals nicht anders als uns heute, als der Text vorgelesen wurde, da kannten sie ihn schon. „Ach ja, der Text, den hatten wir neulich im Hauskreis schon.“ - „Aber immerhin, ein großes Wort.“ Und aus Ehrfurcht vor dem Wort Gottes hören wir ihn geduldig an, während unsere Gedanken schon bei der vielen Arbeit sind, die zu Hause wartet. Man weiß, was kommen wird, die Botschaft von dem Messias, der einmal kommen wird. Enttäuscht hört man gar nicht mehr richtig hin. Aufgeschreckt aus seinen Gedanken fragt unser Synagogenbesucher seinen Nachbarn: „Hat er das wirklich so gesagt oder habe ich mich da verhört? Hat er gesagt, dass das heute vor unseren Augen erfüllt ist?“ Und ist da ein zustimmendes Gemurmel in der Synagoge. „Ich muss mich wohl verhört haben.“ Aufgeschreckt lauscht er nun, was dieser Sohn des Zimmermanns Joseph zu sagen hat. Er denkt: „Die großen Taten, von denen wir gehört haben, daß sie zu Kapernaum geschehen, tue sie auch hier in deiner Vaterstadt!“ Hat er das eben laut gesagt, denn Jesus greift seinen Gedanken auf, wiederholt ihn gar. Und dann: „Wahrlich, ich sage euch, kein Prophet ist angenehm in seiner Vaterstadt.“ Ist er jetzt beleidigt oder was? Und dann muss er sich auch noch allerlei Schlechtes über Israel anhören: „Es waren viele Witwen in den Tagen Elias in Israel, als der Himmel drei Jahre und sechs Monate lang verschlossen war, da eine große Hungersnot entstand im ganzen Land; und zu keiner von ihnen wurde Elia gesandt, sondern nur zu einer Witwe nach Sarepta in Sidonien.“ „Und viele Aussätzige waren in Israel zur Zeit des Propheten Elisa; aber keiner von ihnen wurde gereinigt, sondern nur Naeman, der Syrer.“ Wer ist der eigentlich, was bildet sich der ein. Zieht nach Kapernaum und meint nun, hier in Nazareth Israel schlecht machen zu dürfen. Und die Geschichte nimmt ihren bekannten Lauf, man vertreibt Jesus, den man eben noch als jemanden gepriesen hat, von dem Worte der Gnade ausgehen. Die Ereignisse, die zur Kreuzigung Jesu führen, werfen ihre Schatten voraus. Wir würden das heute diskreter machen, nicht so tumultartig, eher mit einem Vorstandsbeschluss: Den laden wir nicht wieder ein. Dabei fing es so gut an. Als Jesus gelesen hatte, war es still in der Synagoge: „Was will er uns mit diesem bekannten Text wohl sagen?“ Heute ist diese Schrift erfüllt vor euren Ohren! Ein ungeheuer wuchtiger Satz. Jesus spricht nicht von der Zukunft: „Heute ist diese Schrift erfüllt vor euren Ohren!“ Jesus bekennt sich, der Messias zu sein. Später, beim Messiasbekenntnis des Petrus, wird Jesus ihm verbieten, das weiterzusagen. Vielleicht spielte die Erfahrung aus Nazareth dabei eine Rolle: Und es begab sich, als er in der Einsamkeit betete und die Jünger bei ihm waren, fragte er sie und sprach: Für wen halten mich die Leute?  Sie antworteten und sprachen: Für Johannes den Täufer; andere für Elia; andere aber sagen , einer der alten Propheten sei auferstanden.  Da sprach er zu ihnen: Ihr aber, für wen haltet ihr mich? Da antwortete Petrus und sprach: Für den Gesalbten Gottes!  Er aber gebot ihnen ernstlich, solches niemand zu sagen, (Lukas 9,18-21) Wie oft sind die Menschen damals in Nazareth schon in ihre Synagoge gegangen? Wie oft werden sie gebetet haben, der Herr möge ihnen den verheißenen Messias senden. Simeon dankt Gott, als er Jesus im Tempel erblickt und betet: Nun, Herr, entlässest du deinen Diener in Frieden nach deinem Wort!  Denn meine Augen haben dein Heil gesehen,  welches du angesichts aller Völker bereitet hast,  ein Licht zur Erleuchtung der Heiden und zur Verherrlichung deines Volkes Israel! (Lukas 2,29-32) Die Jünger fragen Jesus, kurz vor der Himmelfahrt: „Herr, gibst du in dieser Zeit Israel die Königsherrschaft wieder?“ Das Kommen des Messias und die damit verbundene Verherrlichung Israels war tief im Herzen jedes Israeliten verankert. Und nun steht er vor ihnen. Wie oft gehen wir in den Gottesdienst? Was erwarten wir da? Haben wir überhaupt konkrete Erwartungen? Kennen wir das? * Da erfüllt der Herr unsere Bitte, nicht ganz so, wie wir uns das gewünscht haben ... und wir sind völlig verblüfft. * Da betet eine Mutter vielleicht jahrelang, ihre Tochter möge sich bekehren. Dann tut sie's, aber nicht so, wie die Mutter es gerne gehabt hätte. Und, statt den Herrn zu preisen, ist da gleich ein „Ja, aber ..., Herr“ * Oder es bekehren sich Menschen und wir denken: „Wie lange die das wohl durchhalten, ...“ Auch der Synagogen-Gemeinde in Nazareth ging es so. Dieser Jesus war ja jetzt berühmt. Die Predigt war ja gut: „Worte der Gnade, ...“ Aber seine Heimatstadt kann schon ein Wunder erwarten, wie Kapernaum ja auch. Ein Wunder könnte er schon machen, um zu beweisen, dass er der Messias ist. Jesus kennt ihre Gedanken. Wie leicht wäre es ihm gefallen, darauf einzugehen. Ein kleines Wunder kann man doch wohl erwarten. Jesus als Superstar? Er weist die Forderung nach einem Wunder zurück. Auch die Pharisäer werden zurückgewiesen, als sie von Jesus ein Zeichen fordern. Selbst Johannes der Täufer bekommt von Jeus nur zu hören: „Gehet hin und verkündiget dem Johannes, was ihr gesehen und gehört habt: Blinde werden sehend, Lahme wandeln, Aussätzige werden rein, Taube hören, Tote werden auferweckt, Armen wird das Evangelium gepredigt, und selig ist, wer sich nicht an mir ärgert!“ (Lukas 7,22-23) Warum handelt Jesus so? Warum keine klare Antwort an Johannes? Warum kein Zeichen in Nazareth? Warum kein Zeichen für Herodes? Eigentlich verschenkt Jesus hier den Erfolg seiner Predigt. Er handelt nicht aus sich heraus. Johannes überliefert ein Wort Jesu an die Juden, die ihm vorwerfen, er heile auch am Sabbat: „Der Sohn kann nichts von sich selbst tun, sondern nur, was er den Vater tun sieht; denn was dieser tut, das tut gleicherweise auch der Sohn.“ (Johannes 5,19) Es ist also der Vater selbst, der den Nazarenern das Wunder verweigert. Gott ist souverän. Er handelt wo und wie er will. Mose stellt er sich vor als der ICH BIN: Gott sprach zu Mose: «Ich bin, der ich bin!» Und er sprach: Also sollst du zu den Kindern Israel sagen: «Ich bin», der hat mich zu euch gesandt. (2.Mose 3,14) Mose lernt Gott als jemanden kennen, der handelt, wie er will: „Ich bin, der ich bin!“ Dies Wort hat Gott zu seinem Namen gemacht. Gott lässt sich nicht vor einen Karren spannen. Er ist souverän. Schwestern und Brüder, hier fordert uns unser Text heraus. Lassen wir Jesus so sein, wie er will? Oder muss er sich nach uns richten, nach unserer Theologie, nach unseren Vorstellungen von Gut und Böse, nach unserer Moral, nach unserer Vorstellung von politischer Korrektheit, nach dem Zeitgeist und was auch immer. Manche lesen so die Bibel: Was ihnen glaubhaft erscheint, das akzeptieren sie und was ihnen unglaubwürdig erscheint, das streichen sie eben heraus. Die frommere Variante ist, dass man es zwar nicht herausschreibt, aber man redet einfach nicht darüber, man ignoriert es. Nun gibt es durchaus Texte, bei denen man fragen kann, ob sie auch für uns heute noch gelten. Etwa, wenn Paulus die Korinther ermahnt: Urteilet bei euch selbst, ob es schicklich sei, daß ein Weib unverhüllt Gott anbete!  Oder lehrt euch nicht schon die Natur, daß es für einen Mann eine Unehre ist, langes Haar zu tragen? (1.Korinther 11,13-14) Hier spricht Paulus vom Moralempfinden seiner Zeit. Da kann man durchaus fragen, ob er damit nicht sagen will, dass wir in dieser Frage nach der Zeit gehen sollen. Aber wir müssen mit diesem Argument sehr behutsam umgehen, damit wir nicht die geistlichen Herausforderungen, vor die uns die Bibel stellt, einfach wegbiegen. An anderen Stellen wird Paulus ganz unmissverständlich: Denn das sagen wir euch in einem Worte des Herrn, daß wir, die wir leben und bis zur Wiederkunft des Herrn übrigbleiben, den Entschlafenen nicht zuvorkommen werden; (1.Thessalonicher 4,15) Das Neue Testament ist kein Regelwerk, das man erfüllen muss, um selig zu werden. Unsere Heilsgewissheit basiert darauf, dass Jesus für unsere Schuld am Kreuz gestorben ist. Wir können dem nichts hinzufügen. Auch nicht durch besonders gute Werke. Aber das Wort Gottes will uns tüchtig machen, die Geheimnisse Gottes zu erkennen. Von diesen Geheimnissen spricht Paulus häufig, etwa Kolosser 1,26-27: Das Geheimnis, das vor den Zeitaltern und Geschlechtern verborgen war, nun aber seinen Heiligen geoffenbart worden ist, denen Gott kundtun wollte, welches der Reichtum der Herrlichkeit dieses Geheimnisses unter den Völkern sei, nämlich: Christus in euch, die Hoffnung der Herrlichkeit. Wenn wir zu viele Bibeltexte unbeachtet liegenlassen, dann müssen wir uns nicht wundern, wenn von dem Geheimnis dieses gewaltigen Wortes: „Christus in euch“ nicht mehr viel übrig bleibt außer dieser vagen Ahnung Schillers: „Brüder, überm Sternenzelt muss ein lieber Vater wohnen, ...“ So schön es auch klingt, wenn die neunte Sinfonie von Beethoven diesen Text in einem kosmischen Klang nachhallen lässt. Es reicht nicht aus. Nicht die vage Aussage Schillers, die Offenbarung durch Christus ist maßgebend. Nicht unsere Erwartung - ein kleines Wunder in Nazareth - ist maßgebend, sondern das souveräne Handeln Gottes. Und Gott handelt. Aber er lässt sich von uns nichts vorschreiben. Er ist, der er ist, nicht fremdbestimmt. Er zwingt nicht, etwa durch Blitz und Donner. Er handelt zu seiner Zeit. Wir müssen dies zunächst einmal anerkennen, dass da ein größerer Gott ist, dessen Weisheit die Grenzen unseres Verstandes weit überschreitet. Er hat die finalen Antworten. Wir haben nur unser zeitbezogenes Wissen. Zunächst erschien uns die Erde wie eine Scheibe. Die Völker, die zur See fuhren, wussten, dass das nicht ganz stimmen kann. Auch die Tatsache, dass der Erdschatten bei einer Mondfinsternis immer kreisförmig begrenzt ist, hat so manchen ins Grübeln gebracht. Irgendwann hat uns Newton die Gravitation erklärt und wir konnten den Lauf der Planeten berechnen. Als man das begriffen hatte, merkte man, dass das Licht ganz offenbar eine endliche Geschwindigkeit hat. Und so ging die Physik immer weiter. Und jede Generation meinte, sie habe nun das ganze Wissen. Dabei sollten wir heute ganz besonders demütig sein. Denn wir haben heute das Problem, dass die Masse in unserer Milchstraße viel höher sein muss als das, was wir beobachten können. Falls unsere Vorstellung von Gravitation stimmt, dann kennen wir bisher nur 20% der Masse unserer Galaxis. Gott schmunzelt über unsere Versuche, seiner Schöpfung auf die Spur zu kommen. Er allein weiß, wie weit wir von einem vollständigen Verständnis der Welt noch entfernt sind. Über unsere Arroganz, mit der wir meinen, aus unserem beschränkten Wissen die Welt und ihr Woher und Wohin erklären zu können, über unsere Arroganz schmunzelt er nicht. Sie ist einfach Sünde. Er hat uns in Christus seine Geheimnisse offenbart, Schritt für Schritt. Selbst der Apostel Paulus sagt: Nicht daß ich es schon erlangt habe oder schon vollendet sei, ich jage aber darnach, daß ich das auch ergreife, wofür ich von Christus ergriffen worden bin.  Brüder, ich halte mich selbst nicht dafür, daß ich es ergriffen habe;  eins aber tue ich: Ich vergesse, was dahinten ist, und strecke mich aus nach dem, was vor mir ist, und jage nach dem Ziel, dem Kampfpreis der himmlischen Berufung Gottes in Christus Jesus. (Philipper 3,12-14) Das sagt derselbe Paulus, der an die Kolosser von dem Geheimnis Gottes, das seinen Heiligen geoffenbart ist, geschrieben hat (Kolosser 1,26-27). Gott hat unsere Erlösung in Christus bewirkt. Und doch ist da noch so viel mehr zu begreifen, dass Paulus sagt, er jage diesem Geheimnis nach. Warum führt Jesus den Menschen in Nazareth, die Jesus vielleicht sogar noch als Kind und als Jugendlichen kennen, kein Wunder vor? Warum lässt er die Pharisäer und Sadduzäer abblitzen: Das böse und ehebrecherische Geschlecht fordert ein Zeichen; aber es wird ihm kein Zeichen gegeben werden als nur das Zeichen des Propheten Jona. Und er verließ sie und ging davon. (Matthäus 16,4) Eine Antwort gibt uns vielleicht das Wort, das Jesus zitiert, als Johannes ihn fragt, ob er der Messias sei (Lukas 7,22-23). Ihn lässt er nicht abblitzen, sondern gibt ihm eine biblische Antwort, indem er den Propheten Jesaja zitiert: Alsdann werden der Blinden Augen aufgetan und der Tauben Ohren geöffnet werden; (Jesaja 35,5) und Der Geist Gottes, des HERRN, ist auf mir, weil der HERR mich gesalbt hat, um den Elenden gute Botschaft zu verkündigen; er hat mich gesandt, zerbrochene Herzen zu verbinden, den Gefangenen Befreiung zu predigen, den Gebundenen Öffnung der Kerkertüren ; (Jesaja 61,1) . Armen wird das Evangelium gepredigt: Wieviel schlaue Bücher haben wir schon gelesen, wieviel kluge Fernsehsendungen schon gesehen? Auch wenn wir schon viel gelernt haben, arme sind wir, die die gute Botschaft nötig haben... In Gottes Augen sind wir arme Geschöpfe, die noch viel zu lernen haben. Solange wir aber hoch erhobenen Hauptes daherkommen, unsere Armut nicht begreifen, wird auch die gute Botschaft bei uns nicht ankommen. Warum auch, wir brauchen sie in unserem Hochmut gar nicht. Den Gefangenen Befreiung zu predigen: Mit unserem Verstand können wir viel erfassen. Wir wissen, was uns gut tut und was nicht. Und doch gibt es Abhängigkeit vom Alkohol, von Drogen, von Tabletten, von Aufputschmitteln, von Besitz. Und diese Güter nehmen uns gefangen. Wir sind nicht mehr Herr unserer selbst, wir sind abhängig. Jesus will uns befreien. Aber wieder nur dann, wenn wir uns auch als solcher erkennen, der Befreiung braucht, wenn wir vor Jesus bekennen: Ja, ich brauche dich. Blinde werden sehend: Was wissen wir schon über Gott, über den Heiligen Geist, über die unsichtbare Welt, über die Mächte, die im Verborgenen wirken. Jesus will uns die Augen dafür öffnen. Zerbrochene Herzen zu verbinden: Manch einer hat resigniert. sein Leben zieht so dahin, rinnt ihm aus den Händen. Da sind viele Zwänge in Familie und Beruf. Man läuft nur noch hinterher, um die vielen Anforderungen, die von allen Seiten an einen gestellt werden, zu erfüllen. Jesus sagt: Halte einmal ein, nimm dir ein wenig Zeit, mein Joch ist sanft und meine Last ist leicht. (Matthäus 11,30) Wenn wir begriffen haben, dass da ein lebendiger Gott ist, Wenn wir begriffen haben, dass dieser Gott am besten weiß, was uns guttut, denn er hat uns geschaffen, Wenn wir begriffen haben, dass dieser Gott vor allen Dingen es besser weiß, was wir bedürfen als wir selbst, Wenn wir das begriffen haben, dann wird das Wunder geschehen: * Ein angenehmes Jahr des Herrn beginnt in unserem Leben * Die Töne, die der Chor singt, werden nicht verklingen, sondern sie werden uns zu einer Melodie zum Leben, die jeden Tag neu in unserem Herzen erklingt * Dann wird das Wunder geschehen, dass der Friede Gottes, der höher ist als unsere menschliche Vernunft, unsere Herzen und Sinne erfasst und sie in Christus Jesus bewahrt Nazareth hat die Botschaft Jesu nicht gehört. Nazareth sah nur den großen Sohn der Stadt und erwartete, dass er liefert: Ein Wunder für die Stadt, in der er aufgewachsen war. Sie wollten das Spektakel. Als es nicht kommt, werden sie zornig und wollen ihn einen Abhang herunterstürzen. „Er aber ging mitten durch sie hindurch und zog davon.“ Das Wunder geschah. Diese aufgebrachte Menschenmenge war nicht in der Lage, Jesus zu halten. Aber in ihrem Zorn merkten sie gar nicht, dass ein Wunder geschehen war. Hegesippus berichtet uns, dass Jesu Bruder Jakobus von einer aufgebrachten Menschenmenge den Tempelberg heruntergestürzt werden wird. Auch er stirbt nicht durch den Sturz, wird aber am Fuße des Berges erschlagen. Jesus aber ging mitten durch die aufgebrachte Menschenmenge hindurch, denn seine Zeit war noch nicht gekommen. Nazareth begegnete dem Messias, Nazareth erlebte ein Wunder. Aber sie haben beides nicht wahrgenommen. Sie waren blind für das Handeln Gottes. Sie hatten klare Vorstellungen, wie Gott zu handeln habe. Und diesen klaren Vorstellungen standen ihnen im Wege. Sie waren blind für das Handeln Gottes. Auch für uns gilt: Es ist nicht genug, wenn wir nur dabei sind, nur zuschauen. Jesus Christus lässt sich nicht von uns vereinnahmen. Er schaut nicht auf uns und unser Bedürfnis nach dem ganz großen Spektakel, er schaut auf seinen Vater, „denn was dieser tut, das tut gleicherweise auch der Sohn.“ So sollten wir auch auf Jesus schauen und auf das, was er tun will. Nicht unser Bedürfnis nach Bestätigung sollte im Vordergrund stehen, sondern das, was Jesus Christus unter uns tun will. Dies bedeutet, dass wir sorgfältig hinhören, dass wir nicht unsere Pläne verfolgen, sondern dass wir uns durch den Heiligen Geist korrigieren lassen. Jesus möchte nicht Glied in unserer Gemeinde werden, er will uns zu Gliedern an seinem Leib machen. Er will nicht uns bei unseren Plänen helfen, sondern er möchte, dass wir an seinem Reich, am Reich Gottes uns beteiligen. Jesus will sich nicht in unser Leben einfügen, vielleicht als ein zusätzlicher kultureller Genuss, wie ein Konzertbesuch. Jesus will unser Leben in sein Friedensreich einfügen. Möge es uns nicht so ergehen, wie den Gottesdienstbesuchern in Nazareth: * Der Messias ist unter ihnen, und sie merken es nicht. * Der Messias tut ein Wunder, und sie ärgern sich, weil sie ihn nicht den Berg hinunterstürzen können. Möge der Herr es uns schenken, dass wir ihn erkennen, wenn er uns begegnet. Möge der Herr es uns schenken, dass wir sein Angebot annehmen, nicht ein bisschen und zusätzlich zu den vielen anderen Dingen unseres Lebens - sondern ganz: Mit unserem ganzen Leben. HEUTE IST DIE ANGENEHME ZEIT AMEN