Gottes Wort sendet uns in die Welt Predigt zum Gebetsabend der evangelischen Allianz   Liebe Schwestern und Brüder, „Gottes Wort sendet uns in die Welt“ Dies ist das Thema unseres heutigen Gebetsabends. Wir wollen dazu aus dem hohenpriesterlichen Gebet Jesu lesen: Johannes 17,14-23 *: Ich habe ihnen dein Wort gegeben, und die Welt hasst sie; denn sie sind nicht von der Welt, gleichwie auch ich nicht von der Welt bin. Ich bitte nicht, dass du sie aus der Welt nehmest, sondern dass du sie bewahrest vor dem Argen. Sie sind nicht von der Welt, gleichwie auch ich nicht von der Welt bin. Heilige sie in deiner Wahrheit! Dein Wort ist Wahrheit. Gleichwie du mich in die Welt gesandt hast, so sende auch ich sie in die Welt. Und ich heilige mich selbst für sie, damit auch sie geheiligt seien in Wahrheit. Ich bitte aber nicht für diese allein, sondern auch für die, welche durch ihr Wort an mich glauben werden, auf dass sie alle eins seien, gleichwie du, Vater, in mir und ich in dir; auf dass auch sie in uns eins seien, damit die Welt glaube, dass du mich gesandt hast. Und ich habe die Herrlichkeit, die du mir gegeben hast, ihnen gegeben, auf dass sie eins seien, gleichwie wir eins sind. Ich in ihnen und du in mir, auf dass sie zu vollendeter Einheit gelangen, damit die Welt erkenne, dass du mich gesandt hast und sie liebst, gleichwie du mich liebst. Dies ist ein herrlicher Text, voller großer Verheißungen, so dass man leicht darüber ins Schwärmen kommen kann. Da ist Jesus , * der seiner Gemeinde das Wort Gottes gegeben hat, * der für seine Gemeinde um Bewahrung vor dem Bösen bittet, * ja, der sie selbst für diese Gemeinde heiligt, * der diese Bitte ausdehnt auf kommende Generationen, bis auf uns heute, * der um Einheit der Christenheit bittet. Und auf der anderen Seite ist da die Welt, die hasst, und da ist das Böse, vor dem es gilt sich zu bewahren. Und dann öffnen wir die Augen, stellen uns der Realität und hören die Auseinandersetzungen, die es um das Wort Gottes gibt, sehen, wie alle Begriffe von dem, was gut ist und dem, was arg oder böse ist, durcheinander geraten. Wir sehen, wie auch die Christenheit gespalten ist in Gruppen und Grüppchen. Sind es unerfüllte Bitten, die Jesus hier ausspricht? Bleibt die Sendung, die unser Text ausspricht, schon im Ansatz stecken? Sollten wir uns nicht lieber beschämt aus der Öffentlichkeit zurückziehen: Wir haben dem großen Wurf, den unser HERR hier vorlegt, nicht entsprochen. Wir haben unsere Schularbeiten nicht gemacht. Fast möchte man fragen: HERR, was sollen wir tun? Und da antwortet uns Jesus : „Ich habe euch doch Gottes Wort gegeben!“ Löst das unser Problem? Wären wir eins, wenn wir uns alle nur an die Schrift halten würden? Berufen sich nicht alle christlichen Kirchen auf die Bibel? ... und doch sind wir so verschieden. Haben nicht kluge Leute dicke Bücher über die Bibel geschrieben und kommen dabei zu völlig unterschiedlichen Ergebnissen. Da hält der eine einen Text für besonders wichtig und der zweite meint, diese Bibelstelle sei später eingefügt und nicht authentisch. Da werden Jesu Worte mit Aussagen des Apostels Paulus verglichen und Gegensätze aufgebaut ... Man könnte eine lange, bedrückende Liste von unterschiedlichen Interpretationen von Bibelstellen anfertigen: Was bleibt übrig von unserer gemeinsamen Schrift, wenn man dann noch die Unterschiede zwischen den einzelnen Ortsgemeinden innerhalb einer Konfession zusätzlich in Betracht zieht? Und das soll dann die Basis für unsere gemeinsame Sendung sein? Zu jener Zeit hob Jesus an und sprach: Ich preise dich, Vater, Herr des Himmels und der Erde, daß du solches den Weisen und Klugen verborgen und es den Unmündigen offenbart hast! (Matthäus 11,25 *) Dieser Aufruf Jesu geht dem Heilandsruf Jesu voran, in dem er den Mühseligen und Beladenen Ruhe für ihre Seelen verheißt. Irgendjemand hat einmal die Bibel mit einem Löwen verglichen: Einen Löwen wird man nicht verteidigen, einen Löwen bindet man einfach los. Dann wird er sich selbst verteidigen. Wir haben in unserer Bibel einen großen Schatz. Wo gibt es sonst ein Buch, das über 2000 Jahre immer wieder aktuell in die Situation der Menschen gesprochen hat: * Wieviel haben wir über uns selbst aus diesem Buch gelernt. * Es hat uns persönlich angesprochen. * Und es spricht Menschen persönlich an. * Sind wir bereit, das Wort Gottes ungeschützt herauszulassen? * Sind wir bereit, diesen Löwen, das Wort Gottes, loszubinden? * Haben wir selbst es schon so aufgenommen, das es seine Wirkung entfalten kann? Jesus bittet für seine Jünger um die Heiligung durch die Wahrheit: Gottes Wort ist diese Wahrheit. Jesus ist hier sehr realistisch: Wir bedürfen der Heiligung. Wir sind nicht von vornherein heilig. Wir bedürfen der Heiligung. Und diese Heiligung erfolgt * durch die Wahrheit, die Jesus Christus selbst ist, * durch Gottes Wort, das wir in der Bibel empfangen haben. Vieles haben wir gehört, manches haben wir für unser Leben aufgenommen und verinnerlicht. Wir haben in der Schrift gelesen. Manche haben die Bibel sogar durchgelesen. Wir haben viele Predigten gehört. Vieles davon war gut. Aber war alles gut, was «über die Schrift» geredet wurde? Wer steht denn überhaupt «über die Schrift»? Ist dies nicht allein Gott, der Vater, von dem diese Schrift ausgegangen ist? Als Paulus nach Beröa kommt, tun die Juden dort das, was für jeden Christen selbstverständlich sein sollte: Diese aber waren edler gesinnt als die zu Thessalonich, indem sie das Wort mit aller Bereitwilligkeit aufnahmen und täglich in der Schrift forschten, ob es sich also verhalte. (Apostelgeschichte 17,11 *) * Tun wir das? * Prüfen wir unsere Gewohnheiten an der Schrift? * Hören wir uns Predigten unter diesem Aspekt an, was Gott uns sagen will? * Schauen wir in der Bibel nach, ob das überhaupt stimmt, was da gesagt wird? Wenn wir Bibelkommentare lesen, unter welchem Aspekt schauen wir in diese Kommentare hinein. Suchen wir Hilfe, das Wort Gottes noch besser zu verstehen? Oder suchen wir Unterstützung bei unseren Ausweichstrategien: „Sollte Gott gesagt habe?“ Diese Frage hat am Anfang der Menschheitsgeschichte (1.Mose 3,1 * ) viel Elend über die Menschen gebracht. Luther hat mit Recht gegen die Unfehlbarkeit des Papstes gestritten. Kein menschlicher Theologe wird uns selig machen: Paulus sagt einmal in einem Streit der Korinther über die unterschiedlichen Prediger: „Was ist nun Apollos, was ist Paulus? Diener sind sie ... Gott aber hat das Gedeihen gegeben. ... Denn einen andern Grund kann niemand legen, außer dem, der gelegt ist, welcher ist Jesus Christus.“ (Aus 1.Korinther 3,5-11 * ) Wie wird man eins in einer Familie? * Indem man miteinander spricht. * Indem man aufeinander hört. Wie werde ich eins mit Jesus ? * Indem ich mit ihm spreche - bete * Indem ich auf ihn höre - das bedeutet u.a. die Bibel zu lesen * Indem ich die Verheißungen Jesu in meinem Leben anwende * Indem ich persönliche Erfahrungen mit Jesus mache Erfahrungen mit Jesus und mit seinem Wort werden mich zurückführen in das Gebet. Und so schließt sich der Kreis, in dem Menschen eins werden. Und es wächst der Glaube: Nicht immer werden alle meine Wünsche erfüllt, aber ich erfahre, dass Jesus es gut mit mir meint und sein Handeln für mich oftmals besser ist als meine Wünsche. Bonhoeffer hat als Theologe vieles gepredigt und gute Bücher hinterlassen. Aber als er in Flossenbürg wusste, was auf ihn zukam, da half ihm nur noch seine ganz persönliche Beziehung zu seinem HERRN. Der Lagerarzt beobachtete die Hinrichtung ohne damals zu wissen, dass es sich um Dietrich Bonhoeffer handelte und schrieb: „Am Morgen des betreffenden Tages etwa zwischen 5 und 6 Uhr wurden die Gefangenen ... aus den Zellen geführt und die kriegsgerichtlichen Urteile verlesen. Durch die halbgeöffnete Tür eines Zimmers im Barackenbau sah ich vor der Ablegung der Häftlingskleidung Pastor Bonhoeffer in innigem Gebet mit seinem Herrgott knien. Die hingebungsvolle und erhörungsgewisse Art des Gebetes dieses außerordentlich sympathischen Mannes hat mich auf das Tiefste erschüttert. Auch an der Richtstätte selbst verrichtete er noch ein kurzes Gebet und bestieg dann mutig und gefasst die Treppe zum Galgen. Der Tod erfolgte nach wenigen Sekunden. Ich habe in meiner fast 50-jährigen ärztlichen Tätigkeit kaum je einen Mann so gottergeben sterben sehen.“ (zitiert nach Eberhard Bethge: Dietrich Bonhoeffer, eine Biographie, München, 1967) Wenn ich diese Kraft des Glaubens in anderen Menschen erlebe, werde ich ermutigt, selbst Schritte des Glaubens zu gehen. Und dann kann ich auch bezeugen: Ich fühle mich in Jesus Christus geborgen. Es ist nicht der Zufall, der mein Leben bestimmt. Es ist das lebendige Auge Gottes, eines Gottes, der mich liebt, der meinem Leben Hoffnung und Ziel gibt. Nicht Tod, sondern Leben heißt meine Zukunft: „... als Sterbende, und siehe, wir leben,“ (2.Korinther 6,9 * ) schreibt Paulus an die Gemeinde in Korinth. So gibt uns unser Text eine klare Botschaft, wenn wir es schaffen, die Bibel für uns persönlich zu lesen, sie nicht durch die Brille eines anderen zu betrachten: Über das Wort Gottes finden wir zu unserem HERRN, Jesus Christus. Im Wort Gottes finden wir die Reinigung und Heiligung unserer Gedanken, eine Heiligung, die uns eine innige Gemeinschaft mit unserem HERRN Jesus Christus schenkt. * Indem wir uns vorbehaltlos auf dieses Wort stützen, werden wir aufeinander zugehen, denn wenn alle auf ein Ziel zugehen, werden sie sich in diesem Ziel treffen, ohne große Anstrengungen. * Und dieses Wissen um das eine Wort Gottes macht uns frei, davon zu reden und zu bezeugen, dass in diesem Wort Kraft liegt. Dies geschieht, weil wir uns auf das Wesentliche konzentrieren. Nicht Abendmahlsverständnis oder Taufverständnis hat Dietrich Bonhoeffer geholfen, sondern allein das Wissen um den auferstandenen Jesus Christus. So lasst uns darum bitten, * dass Jesus Christus uns sein Wort offenbart. * dass wir dieses Wort unvoreingenommen, wie Kinder, lesen. * dass wir Mut bekommen, sein Wort für unser Leben in Anspruch zu nehmen. * dass uns sein Wort ermutigt, miteinander Jesus Christus in die Welt hinein zu verkündigen, die Botschaft von Kreuz und Auferstehung, nicht unsere konfessionellen Lieblingsthemen. * dass die Christenheit in Braunschweig bekannt wird als solche, die Orte haben, zu denen Mühselige und Beladene hingehen können und Ruhe finden für ihre Seelen. Ich denke, Gottes Wort selber ist es, das die Bitte unseres HERRN um das Eins-Sein an allen erfüllt, die unvoreingenommen Jesus Christus suchen. AMEN