Predige das Wort

Überlegungen zum Glauben an Jesus Christus






Aspekte des Glaubens

Kapitel 5
Die Wahrheit kann nur von außen kommen

Bisher haben wir eigentlich nur unseren Verstand betätigt und einmal kritisch darüber nachgedacht, was wir denn mit diesem Verstand so alles küönnen. Wir haben weder eine Bibel noch einen Koran noch sonst irgend etwas herangezogen, sondern wir haben nur einmal kritisch hinterfragt, was unsere wissenschaftlichen Erkenntnisse so Wert sind. Wenn wir das noch einmasl zusammen fassen, dann sind zwei Dinge deutlich geworden.

Der Mensch macht endliche Beobachtungen. Er kann also sehr schön und verlässlich Aussagen von der Bauart machen:

Der Mensch kann also Erlebnisberichte geben.

Der Mensch kann keine allgemeingültigen Aussagen und damit auch keine negativen Aussagen treffen:

Wie will ich denn mit konventioneller Wissenschaft eine Aussage wie "Phänomen A tritt nie auf." beweisen? Ich müsste ja überall, wo Phänomen A auftreten könnte, nachprüfen, ob dem denn so ist. In der Mathematik kann ich solche Beweise führen, weil ich da Axiome zur Verfügung habe, aus denen ich eine solche Aussage möglicherweise ableiten kann. Im realen Leben habe ich diese Axiome aber nicht zur Verfügung. Was könnte es denn sein? Das Newton′sche Axiomensystem? Es ermöglicht zwar den Bau von Fahrzeugen, deren Geschwindigkeit weit unterhalb der Lichtgeschwindigkeit liegt, ist aber falsch, Einstein hat uns diese Erkenntnis hinterlassen. Ob die Relativitätstheorie das Ende der Erkenntnis ist? Keiner weiß es. Heute können wir sagen, dass wir nichts besseres kennen, aber diese Aussage kann morgen schon überholt sein. Hier ist einfach unsere intellektuelle Ehrlichkeit gefragt, ob wir uns einfach mit temporär richtigen Aussagen zufrieden geben, oder ob wir uns eingestehen, dass wir eben nur auf heutigem Erkenntnisstand das Phänomen A einfach noch nicht beobachtet haben. Die Aussage, dass es neben Asien, Europa und Afrika keinen weiteren Kontinent gibt, war zu allen historischen Zeiten falsch. Bis ins 15. Jahrhundert wurde sie aber in Europa für richtig gehalten, selbst Columbus hätte ihr nicht widersprochen, weil er aufgrund dieser Annahme und einiger Rechenfehler bei der Navigation ja meinte, in Indien gelandet zu sein.

Theorien sind immer, wenn sie den Namen verdienen, solche allgemeingültigen Aussagen. Sie werden von Beobachtungen mehr oder weniger gestützt. Es ist aber nicht möglich, die Gültigkeit nachzuweisen. Denn Theorien stellen ja gerade diesen Grenzübergang dar: Aus der Erfahrung weiß ich: Immer wenn ich Phänomen A beobachtet habe, dann beobachtete ich auch Phänomen B. Dann denke ich darüber nach und komme vielleicht zu dem Schluss, dass es ja eigentlich auch plausibel ist, was ich da beobachtet habe. Ich überlege, ob es auch anders sein könnte und ich stelle fest, dass mir dazu nichts Vernünftiges einfällt, und so komme ich zu dem Schluss, dass es wohl immer so sein muss und ich formuliere: Nach meiner Meinung wird man immer, wenn man das Phänomen A beobachtet hat, auch das Phänomen B beobachten. Manchmal kann ich das Phänomen auch auf bereits existierende Theorien zurückführen, verlagere es damit bloss, denn für diese Theorie gilt ja dasselbe. Ich kann dann zwar sagen, dass meine Aussage genau dann richtig ist, wenn die bereits akzeptierte Aussage richtig ist. Aber meine Aussage ist damit noch lange nicht allgemein gültig, sondern in ihrem Schicksal nur an eine Aussage gekoppelt, deren Allgemeingültigkeit auch offen ist. Im wissenachaftlichen Bereich geht der Prozess dann so weiter, dass die Aussage dann zunächst im kollegialen Gespräch, dann auf Kongressen diskutiert wird. Dann kann es sein, dass die Menschheit sie in Ihren Erfahrungsschatz aufnimmt und die Schulkinder in Zukunft zu lernen haben: Die Wissenschaft hat bewiesen, dass immer, wenn man das Phänomen A beobachtet hat, auch das Phänomen B beobachtet wird. Und in dieser Formulierung gilt eine solche Aussage dann als vertrauenswürdig und gewinnt religiösen Stellenwert. Christen werfen ihre Überzeugungen weg, nur weil ihnen gesagt wird, die Wissenschaft habe bewiesen... Dabei reicht eine einzige Beobachtung, die dieser angeblich bewiesenen Aussage widerspricht, und es werden wieder Kongresse einberufen werden, auf denen dann diskutiert wird, warum diese Aussage falsch war, wo sie vielleicht doch gilt und warum man nicht gleich darauf gekommen ist, dass das gar nicht so sein kann.

Daher ist es eine zwingende Konsequenz, dass eine Wahrheit, die allgemein gültig ist, dies bedeutet, die zeitlich und räumlich unbeschränkt gilt, nicht aus wissenschaftlicher Forschung kommen kann. Eine solche Aussage ist religiöser Natur und kann nur geglaubt werden. Sie kann nicht wissenschaftlich bewiesen werden.

Diese Erkenntnis ist eigentlich sehr einfach und jedem selbstverständlich klar, der sich ein wenig mit Logik, mit der Bedeutung von Axiomensystemen in der Mathematik oder mit der Geschichte der Physik oder der Wissenschaften im allgemeinen beschäftigt hat. Und sie hat enorme Konsequenzen, sowohl für das Verhältnis zur Wissenschaft, als auch für das Verhältnis zur Religion und für das Verhältnis der Religionen untereinander.

Dies soll im nächsten Abschnitt vertieft werden.






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Überblick ... Glaubensthesen

Kapitel 1 ... Alle Menschen glauben

Kapitel 2 ... Wissenschaftliche Erkenntnis war zu jeder Zeit unvollständig

Kapitel 3 ... Glauben im Bereich der persönlichen Beziehungen

Kapitel 4 ... Einige grundlegende Fragen, was glaubhaft ist

Kapitel 5 ... Die Wahrheit kann nur von außen kommen

Kapitel 6 ... Konsequenzen für den Umgang mit Religionen

Kapitel 7 ... Der Mensch ohne Glauben verhungert

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